BP:
 

18.07.2019

Reproduzieren Algorithmen Geschlechterrollen?

Informatikerinnen und Informatiker der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg wollen herausfinden, ob Algorithmen, wie sie beispielsweise für Sprachassistenten wie Siri oder Alexa eingesetzt werden, traditionelle Geschlechterrollen nachahmen.

Eine Hand hält ein weißes iPhone. Der Sprachassistent Siri fragt: How can i help you? Im Hintegrund liegen auf einem weißen Tisch weiße Kopfhörer.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln mit der „Convention zur Künstlichen Intelligenz – KI im Gendercheck“ ein Veranstaltungsformat, das es Expertinnen und Expertinnen sowie Interessierten ermöglicht, gemeinsam zu experimentieren und sich auf einer Plattform intensiv zu Chancen, aber auch Risiken der KI auszutauschen und zu diskutieren, ob durch den Einfluss künstlicher Intelligenz gesellschaftliche Diskriminierungsmuster der Geschlechter verstärkt werden.

Auf einer Fläche von über 1.000 Quadratmetern werden im November 2019 in der Festung Mark in Magdeburg Besucherinnen und Besucher auf Experten treffen und mit ihnen über den aktuellen Stand der KI-Forschung diskutieren. Eine Ausstellung zeigt neueste Produkte, Anwendungen, Workshops und Initiativen aus dem Feld der Künstlichen Intelligenz zum Anfassen, Mitmachen, Ausprobieren und Feedback geben. Täglich werden Filme gezeigt, die im Anschluss von einem „KI-Gender-Quartett“ aus unterschiedlichen Perspektiven heraus bewertet werden: Welche Mythen, welche Fakten stecken in dem Film, mit welchen Stereotypen werden wir als Zuschauer konfrontiert?

„Künstliche Intelligenz bestimmt bereits intensiver unseren Alltag, als wir denken und wahrnehmen. Die Geschwindigkeit der Entwicklung und Forschung ist enorm, ein Beispiel von vielen sind die Möglichkeiten der Sprach- und Gesichtserkennungssysteme“, berichtet die Informatikerin Prof. Dr. Sanaz Mostaghim von der Universität Magdeburg, die am Projekt beteiligt ist.

„Aber: Weltweit ist dabei nicht einmal jede vierte KI-Fachkraft eine Frau. Das zeigt der ‚Global Gender Gap Report‘ des ‚World Economic Forums‘. Deutschland fällt in diesem Report besonders auf. Einerseits gehört Deutschland hinter den USA und Indien zu den erfolgreichsten Ländern in dem KI-Ranking, andererseits sind nur 16 Prozent aller KI-Fachkräfte in Deutschland weiblich.“

Aus dieser Situation ergebe sich eine ganze Reihe von Fragestellungen: Schlägt sich die männlich dominierte KI-Kompetenz auch in Denkmustern bei der KI wieder? Mit welchen Daten füttern Programmierer lernende Systeme und werden dadurch unbemerkt Vorurteile in Algorithmen reproduziert?

Brauchen wir mehr weibliche Entwickler? Warum haben digitale Assistenten und „Befehlsempfänger“ wie zum Beispiel Siri, Cortana und Alexa in vielen Ländern weibliche Vornamen, sind in der arabischen, britischen und niederländischen Sprachversion aber standardmäßig männlich eingestellt? Müssen Wertevorstellungen zu KI künftig auf breiterer gesellschaftlicher Basis verhandelt werden?

Interessierte Bürgerinnen und Bürger oder Initiativen können sich als Expertinnen und Expertinnen oder Ausstellende bis zum 31. August 2019 bewerben.

Hintergrund

Die UNESCO (deutsch: Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur) hat einen Bericht veröffentlicht, in dem kritisiert wird, dass Sprachassistenten wie Siri und Alexa Gender-Stereotype reproduzierten. Demnach seien sie „unterwürfig, gehorsam und stets höflich“.

„Maschinen, die patriarchalische Ideen replizieren, stehen dem Versprechen, Gender-Gleichheit zu erreichen, entgegen“, heißt es in dem Bericht weiter. Vor dem Hintergrund, dass Kinder mit der Spracherkennungstechnologie aufwachsen und Sprache ein Geschlechtsmarker ist, bestünde die Gefahr, dass bestimmte Vorstellungen von Frauen als dienenden Maschinen transportiert und tradierte Rollenbilder überdauern würden.

Quelle: Pressemitteilung der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg vom 8.7.2019
Reproduzieren Algorithmen Geschlechterrollen?