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30.03.2020

Gender Pay Gap in Thüringen und Sachsen-Anhalt

Geringerer Verdienst für Frauen trotz vergleichbarer Merkmale

Zwei neue Veröffentlichungen des Instituts für Arbeitsmarktforschung (IAB) beleuchten den Gender Pay Gap in Thüringen und Sachsen-Anhalt. Er liegt in beiden Bundesländern deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Doch auch hier müssten Frauen gemessen an objektiven Bewertungskriterien mehr verdienen.

Junge Frau bedient computergesteuerte Maschine in Fertigungshalle

Die regionalen Studien des IAB differenzieren auf Landesebene und hinunter bis zu den einzelnen Landkreisen, wie sich die Entlohnung von Männern und Frauen gestaltet. So zeigte sich für Bayern zum Beispiel ein erheblicher Gender Pay Gap, der gut 5 Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt von knapp 21 Prozent (unbereinigt) liegt.

Ganz anders sieht es dagegen in Sachsen-Anhalt aus. Der unbereinigte Gender Pay Gap liegt mit 4,1 Prozent weit unter dem Bundesdurchschnitt. Den größten Lohnunterschied weist mit 8 Prozent der Altmarkkreis Salzwedel auf, die kleinste Lücke mit -3,1 Prozent der Kreis Dessau-Roßlau. Dort verdienen Frauen also im Schnitt mehr als Männer.

Auch in Thüringen gibt es keine so großen Unterschiede in der Entlohnung von Frauen und Männern wie im Bundesdurchschnitt. Die Lücke beträgt insgesamt 8,8 Prozent. Im Wartburgkreis findet sich mit 18,1 Prozent der größte Unterschied, der kleinste besteht in Weimar mit 3 Prozent.

Die Studien zerlegen den Gender Pay Gap in einen erklärten und einen unerklärten Teil. In die Berechnungen des erklärten Teils der Lohnlücke fließen die Struktur der regionalen Wirtschaft (Branchen, Betriebsgrößen, Lohnspreizung im Betrieb etc.) ebenso ein wie individuelle Faktoren wie Berufswahl, Qualifikationsniveau, Berufserfahrung oder Betriebszugehörigkeitsdauer. Unterschiede ergeben sich beispielsweise auch aus der Arbeitsplatzdichte, ob ein Betrieb also in einer Stadt oder in einer ländlichen Region angesiedelt ist.

Frauen sind zum Teil häufiger als Männer gut qualifiziert und versammeln weitere vom Arbeitsmarkt positiv gewertete Merkmale auf sich. Diese wirken sich lohnsteigernd aus. Dennoch verdient die überwiegende Mehrzahl der Frauen auch in diesen beiden Bundesländern weniger als die Männer. Das zeigt sich auch im direkten Vergleich von Frauen und Männern mit den gleichen individuellen, betrieblichen und regionalen Voraussetzungen.

Dieser unerklärte Teil der Lohnlücke weist auf „geschlechtsspezifische Unterschiede in der Bewertung der jeweiligen Merkmale“ hin (IAB-Regional Thüringen, S. 32), die letztlich zu dem geringeren Lohn der Frauen führen. Zwar wird Frauen ihre bessere Ausbildung und Qualifikation honoriert, doch wird dies durch institutionelle und kulturelle Rahmenbedingungen, also letztlich durch tief verwurzelte Geschlechterklischees, überlagert. Ihr Effekt überwiegt die lohnsteigernden Aspekte. „Frauen müssten in Sachsen-Anhalt also mehr verdienen als Männer, wenn man einzig und alleine ihre Vorteile bei den lohnbestimmenden Eigenschaften betrachtet.“ (IAB-Regional Sachsen-Anhalt, S. 38). Dies ist jedoch nur im Kreis Dessau-Roßlau der Fall.

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