BP:
 

Forum 4: Vielfältige Potenziale nutzen – Diversitygerechte Organisationsentwicklung

Moderation: Thorsten Brinkmann (GILDE-Wirtschaftsförderung GmbH)

Forum 4 Bild

Diversity in Unternehmen: Hürden und Chancen

Katharina Hochfeld vom Center for Responsible Research and Innovation (Fraunhofer IAO) und fachliche Leiterin des Forums, startete mit einem Input aus Wissenschaft und Praxis. Sie zeigte auf, wie Arbeitsmodelle, Karrierewege und Unternehmenskulturen aussehen, in denen Frauen wie Männer arbeiten und Karriere machen können und wollen. Anhand einer Befragung von Unternehmen wurde ermittelt, welche Stellschrauben es gibt, um den Anteil von Frauen allgemein bzw. von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Das Projekt von Hochfeld hat organisationskulturelle Hürden sowohl in der Privatwirtschaft wie auch in öffentlichen Institutionen ausgemacht, die Frauen den Zugang zu Führungspositionen erschweren. Auf die Frage, wie man die Leitung im Sinne einer Veränderung mitnehmen könne, sagte Hochfeld, dass es wichtig sei, die Veränderung auch in den oberen Ebenen vorzuleben, wie z.B. durch Teilzeitarbeitszeitmodelle auch für Führungspositionen. Außerdem sollte der Betriebsrat eingebunden werden und Seminare zum Thema Genderstereotype für alle Mitarbeitenden angeboten werden. Je größer das Unternehmen, umso schwieriger sei ein Veränderungsprozess, so Hochfeld. Es gehe um Wissensvermittlung sowie darum, diese auch erlebbar zu machen. Hochfeld sieht gerade die aktuelle Situation auf den Arbeitsmarkt, der sich aufgrund der wachsenden Digitalisierung in einem Transformationsprozess befindet, als Chance. Jetzt könne Geschlechtergerechtigkeit in Unternehmen, die oft auf der Suche nach neuen Geschäfts- und Unternehmensmodellen seien, implementiert werden. Diversity sieht Hochfeld auch als mögliche Marketingstrategie insbesondere in Branchen mit Fachkräftemangel. Wichtig sei auch, dass es im Unternehmen Ansprechpersonen gibt, die für das Thema Geschlechtergerechtigkeit zuständig sind.

Aus der Praxis: Niedersachsen Technikum | Hochschule Osnabrück

Laura Brinkmann von der Hochschule Osnabrück hat an dem Berufsorientierungsangebot „Niedersachsen-Technikum“ teilgenommen und berichtete in dem Forum von ihren Erfahrungen. Beim Niedersachsen-Technikum können Schulabsolventinnen mit (Fach-)Abitur innerhalb eines 6-monatigen Programms ausprobieren, ob naturwissenschaftliche Fächer ihren Fähigkeiten und Vorlieben entsprechen. Brinkmann arbeitete in allen Bereichen des Unternehmens, in dem sie ihr Praktikum absolviert hat, und entschied sich im Anschluss dazu, Maschinenbau zu studieren. Brinkmann zieht eine positive Bilanz zu dieser Art der geschlechtersensiblen Berufsorientierung. Es sei wichtig das Selbstbewusstsein junger Frauen im technischen Bereich durch Praxiserfahrung im Betrieb zu fördern. Das Berufswahlspektrum wird auch durch den Einsatz in verschiedenen Unternehmensbereichen erheblich erweitert. Darin sieht Brinkmann eine gelungene Vorbereitung für die Berufswahlentscheidung. In den letzten Jahren, so Brinkmann, haben sich 80 bis 100 Prozent der Teilnehmenden am Technikum in Niedersachsen nach dem Abschluss für eine technische Laufbahn (Ausbildung oder Studium) entschieden. Dies zeige: Frauen fällt die Entscheidung für die Ausbildung in einem technischen Bereich leichter, wenn sie zuvor in der Praxis Erfahrungen sammeln konnten. Das Modell des „Technikums“ gibt es auch unter anderen Namen in weiteren Bundesländern.

Aus der Praxis: Die Initiative "Rent a Teacherman"

Dr. Christoph Fantini stellte im Forum die Initiative „Rent a teacherman“ vor. Im Rahmen der Initiative können Grundschulen männliche Lehramtsstudenten für Einsätze in Grundschulen buchen, da dort häufig nur weibliches Personal arbeitet. Die komplette Abwesenheit von Männern, so Fantini, wirke nicht nur für Jungen und Mädchen extrem stereotypisierend in Bezug auf die eigentlich gewünschte Vielfalt von Geschlechtsrollenmodellen („Männer machen nichts mit Kindern….“), es fehlten auch vor allem für Jungen männliche Ansprechpersonen in Situationen oder zu Themen, bei denen sie lieber ein Gegenüber des gleichen Geschlechts haben würden. Das Projekt soll den Kindern während der Schulzeit diese männliche Ansprechperson bieten. Es bietet daher auf seiner Website einen Pool mit qualifizierten/zu qualifizierenden Lehramtsstudenten. Grundschulen (insbesondere solche ohne männliche Fachkräfte) können hier Fachkräfte für vorübergehende Einsätze anfragen. Denkbare Einsatzmöglichkeiten sind beispielsweise Jungenarbeitsprojekte, Arbeitsgruppen, Klassenfahrten, Schwimmunterricht, Sportprojekte, geschlechterhomogene Einheiten für Jungen zur Sexualkunde und andere Gelegenheiten (je nach Bedarf der Schulen). Die teilnehmenden Studenten nehmen quartalsweise an Reflexionstreffen teil und werden zu bestimmten Themen wie sexuellem Missbrauch, Gewalterfahrungen und Sexualkunde geschult.

Aus der Praxis: Das Projekt "Geschlecht. Gerecht gewinnt" | Deutscher Caritasverband e.V.

Anne-Kerrin Gomer-Simpfendörfer stellte das Projekt „Geschlecht. Gerecht gewinnt“ vor, das 2016 mit dem Ziel, eine geschlechtergerechte Organisationskultur in der Caritas zu fördern,  ins Leben gerufen wurde. 80 Prozent der Mitarbeitenden in der Caritas sind Frauen – sie machen aber nur rund ein Viertel der obersten Führungskräfte aus. Dieser erhebliche Gender Leadership Gap, so Gomer-Simpfendörfer, lasse sich nur durch die Organisationskulturen verändern, die Frauen und Männer gleichermaßen betreffen. Im Rahmen des Projekts werden vier Handlungsfelder in den Blick genommen: Gendersensibler Führungsstil, geschlechtergerechte Personalentwicklung, vereinbarkeitsorientierte Arbeitszeitmodelle und geschlechtergerechte Gremienbesetzung. In Führungskräftetrainings werden Themen wie die „Wirkung von Geschlechterstereotypen“ bearbeitet. Im Handlungsfeld „Geschlechtergerechte Personalentwicklung“ liegt der Fokus auf der Frage, ob Mitarbeiterinnen im Rahmen der Jahresgespräche von Stereotypen betroffen sind, indem ihnen z.B. andere Fragen gestellt werden als Männern. Mit Blick auf eine gute Vereinbarkeit von Arbeit und Familie soll zudem eine familienfreundliche Dienstplangestaltung umgesetzt werden.