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„Schubladendenken verschenkt so viel Potenzial“

Neue Partnerorganisation „Ausbildung im Verbund pro regio e.V.“ | Projektmitarbeiterin Sara Wehly im Interview über Klischees, Berufswahl und „Berufe fürs Leben“

Der Verein Ausbildung im Verbund pro regio e. V. setzt sich in der Region Hannover für eine klischeefreie Berufswahl ein. Sara Wehly erklärt im Interview, warum Klischeefreiheit bei der Berufswahl notwendig ist und wie sie im aktuellen Projekt bei jungen Männern für Berufe in Pflege und Erziehung wirbt.

„Schubladendenken verschenkt so viel Potenzial“

Frau Wehly, können Sie den Ausbildung im Verbund pro regio e.V. bitte kurz vorstellen?

Ausbildung im Verbund pro regio e.V. wurde 1999 gegründet und ist ein Zusammenschluss engagierter Unternehmen und Kommunen der Region Hannover. Als gemeinnütziger Verein stehen wir seither jungen Menschen, Schulen, Unternehmen sowie diversen Netzwerk- und Kooperationspartnern mit unseren unterschiedlichen Projekten und Angeboten rund um das Thema Ausbildung und Berufsorientierung zur Seite.

Was hat Sie motiviert, der Initiative Klischeefrei beizutreten?

Vielfalt, Offenheit und Toleranz gehören nicht nur auf dem Papier zum Leitbild unseres Vereins. Klischeefreies Denken und Handeln ist für uns in jeglicher Hinsicht einfach selbstverständlich und daher auch immer Teil unseres Wirkens. Wie wir im Rahmen unserer Arbeit jedoch mitbekommen, sind Klischees und Vorurteile sowohl bei der Berufswahl als auch bei der Stellenbesetzung leider immer noch weit verbreitet und hindern viele junge Menschen daran, den Job zu ergreifen, für den ihr Herz schlägt. Das ist überhaupt nicht mehr zeitgemäß und weit entfernt von Chancengleichheit.

Darüber hinaus verschenkt solches Schubladendenken so viel Potenzial, um das sich in Anbetracht des Fachkräftemangels eigentlich umso mehr bemüht werden sollte. Denn ob jemand für einen Beruf geeignet ist, hat absolut nichts mit dem Geschlecht, der Nationalität, religiösen Zugehörigkeit, sozialen Herkunft o.ä. zu tun.

Es ist uns daher ein großes Anliegen, dass junge Menschen sich bei ihrer Berufswahl allein an ihren individuellen Interessen und Fähigkeiten orientieren und ihren Lebensweg unabhängig von Rollenstereotypen oder sonstigen Klischees gestalten können. Durch die Partnerschaft mit der Initiative Klischeefrei möchten wir daher noch einmal deutlich signalisieren, für welche Werte wir als Verein einstehen. Auf der anderen Seite erhoffen wir uns durch den Austausch und die Vernetzung mit anderen Partner*innen der Initiative natürlich auch Denkanstöße und neue Ideen, wie wir das Thema der klischeefreien Berufsorientierung noch öffentlichkeitswirksamer und nachhaltiger in unsere Arbeit und Projekte einbinden können.

Auf welche Weise setzen Sie sich für eine geschlechtersensible Berufs- und Studienorientierung ein? Welche Erfolge haben Sie bisher mit ihrer Arbeit erreicht?

In unserem aktuellen Projekt „Berufe fürs Leben“ setzen wir uns für die Berufsorientierung und Nachwuchsgewinnung in den Pflege- und Erziehungsberufen ein, welche heutzutage immer noch sehr klischeebehaftet und vorurteilsbelastet sind. In vielen Köpfen ist immer noch die Auffassung verhaftet, dass fürsorgliche und erzieherische Tätigkeiten reine Frauensache sind. Solche Einstellungen, sei es durch die Medien verbreitet oder im Familien- und Freundeskreis vorherrschend, beeinflussen und verunsichern junge Menschen bei ihrem Berufswahlprozess und bringen sie oftmals dazu, diese Berufe von vornherein für sich auszuschließen.

Es ist zwar Fakt, dass in beiden Berufsfeldern immer noch mehrheitlich Frauen arbeiten. Uns ist es deshalb umso wichtiger, dass wir dieses althergebrachte Rollenklischee dann nicht auch noch weiter transportieren. So ist es uns z.B. wichtig, dass uns nicht nur junge Frauen als Ausbildungsbotschafter*innen zu Projekteinsätzen in den Berufsorientierungsunterricht oder auf Ausbildungsmessen begleiten, sondern wir nach Möglichkeit in gemischten Teams unterwegs sind. Hierdurch erfahren Schüler*innen authentisch und unmittelbar, dass sich nicht nur Frauen für Pflege- und Erziehungsberufe entscheiden. Darüber hinaus haben sie die Möglichkeit, sich mit den männlichen Azubis über deren Beweggründe und Erfahrungen auszutauschen und hierdurch vorhandene Bedenken und Hemmschwellen abzubauen.

Im Rahmen unseres Projekts lernen wir so viele wundervolle Azubis kennen, die ihren Beruf mit Herzblut und Leidenschaft ausüben, weil sie genau das tun, was ihnen Spaß macht und sie erfüllt. Und dass das nicht ans Geschlecht gebunden ist, kommt auch bei den Schüler*innen an!