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06.03.2024

Equal Pay Day: Gender Pay Gap bei 18 Prozent

Zu den Ursachen zählen Berufswahl, Teilzeit und Geschlechterklischees

2023 war der durchschnittliche Bruttostundenlohn von Frauen 18 Prozent niedriger als der von Männern. Die Gründe dafür sind vielfältig. Geschlechterklischees spielen auf gleich mehreren Ebenen eine Rolle. Und doch gibt es große regionale Unterschiede.

Equal Pay Day: Gender Pay Gap bei 18 Prozent

Frauen verdienen im Schnitt 18 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Die Verdienstlücke, der Gender Pay Gap, hat sich damit in den letzten Jahren nur wenig verringert. Der Equal Pay Day will diese Lücke bewusst machen. Er zeigt an, wie viele Tage Frauen im Durchschnitt zusätzlich arbeiten müssten, um das durchschnittliche Gehalt von Männern zu erreichen. In diesem Jahr sind das 66 Tage seit dem 1. Januar, also bis zum 6. März.

Etwa zwei Drittel der Lücke lassen sich auf strukturelle Ursachen zurückführen: Frauen arbeiten deutlich häufiger als Männer in Teilzeit, seltener in Führungspositionen und entscheiden sich häufiger für Berufe und Branchen mit geringeren Einkommen. Das dritte Drittel, der sogenannte bereinigte Gender Pay Gap, liegt bei sechs Prozent.

Diese sechs Prozent lassen sich nicht mit strukturellen Unterschieden erklären. Sie legen nahe, dass Frauen und Männer für die gleiche Tätigkeit unterschiedlich entlohnt werden. Auch Studien kommen zu diesem Schluss. Hier kommen gesellschaftlich tief verankerte Geschlechterstereotype zum Tragen, denen zufolge Frauen und Männer nur für bestimmte Berufe geeignet seien, vermeintlich weibliche Arbeit weniger wert sei, Frauen keine Führungsposition ausfüllen und Männer sich nicht adäquat um Kinder kümmern könnten. 2021 hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt dazu ein Grundsatzurteil gefällt: Verdient eine Frau unter dem Median der Männer, gilt dies als Indiz für eine Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts. Sieht der Arbeitgeber das anders, liegt es an ihm, dafür Beweise vorzulegen.

Klischees tragen nicht nur zu unterschiedlicher Entlohnung bei, sondern auch zu den strukturellen Unterschieden in Berufswahl, Erwerbsumfang und Karriere. Nachdem das erste Kind geboren wurde, beginnen – ganz abgesehen von der Berufswahl selbst – unterschiedliche Karriereverläufe. Etwa die Hälfte der erwerbstätigen Frauen hat ihre Arbeitszeit reduziert, der Hauptgrund dafür sind Kinder oder andere Sorgeverpflichtungen. Teilzeit verhindert oder erschwert zumindest Aufstiege und Gehaltserhöhungen. Auch bei arbeitgeberfinanzierten Weiterbildungen werden Teilzeitbeschäftigte nicht in gleichem Maße berücksichtigt wie Vollzeitbeschäftigte. So kommen zum reduzierten Verdienst reduzierte Karrierechancen hinzu. Dies summiert sich letztlich zu weiteren Gaps: der Rentenlücke und einer Lücke von rund 50 Prozent beim Lebenserwerbseinkommen.

Regionale Unterschiede

Wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ausgerechnet hat, gibt es allerdings große regionale Unterschiede. In Sachsen-Anhalt wäre der Equal Pay Day schon am 13. Januar gewesen. In Baden-Württemberg hingegen fände er erst am 8. April statt. Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Männer im Kreis Freudenstadt verdienen 38,4 Prozent mehr pro Stunde als Frauen. In Cottbus verdienen Frauen dagegen durchschnittlich ein Prozent mehr als Männer.

Unterschiede bestehen zwischen einzelnen Bundesländern, aber vor allem zwischen West- und Ostdeutschland. Die IAB-Forschenden sehen einen Grund darin, dass sich Beschäftigungsstrukturen von Männern und Frauen im Osten weniger unterscheiden. Frauen arbeiten zum Beispiel häufiger in Vollzeit, auch wenn unter 18-jährige Kinder im Haushalt leben. Männer im Osten verdienen deutlich weniger als im Westen, während der Gehaltsabstand zwischen Frauen in Ost und West viel geringer ist. Im Osten ist es außerdem selbstverständlicher, dass auch Mütter mit einem höheren Stundenumfang erwerbstätig sind, während dies im Westen noch längst nicht der Fall ist. Ein Grund dafür ist wiederum neben dem traditionelleren Rollenbild in Westdeutschland auch das Fehlen ausreichender Kita-Betreuung an vielen Orten im Westen.

Vielschichtige Ursachen

Das Statistische Bundesamt (Destatis) weist die Gaps zwischen den Geschlechtern als Gender Gap Arbeitsmarkt aus. Der Indikator betrachtet neben dem Gender Pay Gap, dem Bruttostundenverdienst also, auch die bezahlten monatlichen Arbeitsstunden (Gender Hours Gap) und die Erwerbsbeteiligung (Gender Employment Gap). Der Gender Gap Arbeitsmarkt lag Destatis zufolge 2023 bei 39 Prozent. Das heißt: Männer verdienen mehr pro Stunde, arbeiten mehr bezahlte Stunden im Monat und dies mit einem größeren Stundenumfang als Frauen. Gegenüber 2014 verringerte sich diese Lücke nur um 6 Prozentpunkte.

Lösungsansätze für mehr Entgeltgleichheit liegen auf der Hand: Gleiche Arbeit sollte gleich entlohnt werden. Männer und Frauen sollten unbezahlte Tätigkeiten in Familie und Haushalt gleichberechtigt aufteilen und auf Teilzeitarbeit mit geringem Stundenumfang verzichten. Eine gute Kinderbetreuung in Kitas und Horten würde dies Eltern erleichtern. Nicht zuletzt sollten Frauen und Männer bei der Berufswahl offen für die breite Vielfalt der Berufe und Studiengänge sein.

Quellen:
Equalpayday.de
Pressemitteilung des Statistischen Bundesamts
IAB-Forum: Collischon, Matthias; Zimmermann, Florian (2024): Der Equal Pay Day unter der Lupe: Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen unterscheidet sich je nach Region erheblich.