BP:
 

03.12.2024

Frauen mit Behinderung am Arbeitsmarkt doppelt benachteiligt

Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung wirbt für Chancengerechtigkeit und Gleichberechtigung

Seit 1992 ist der 3. Dezember der weltweite Aktionstag für die Rechte und Belange der Menschen mit Behinderung. Überall setzen Aktive und Organisationen am heutigen Tag ein Zeichen für Inklusion und Gleichberechtigung, auch im Arbeitsleben. Dort haben es vor allem Frauen mit Behinderung schwer.

Frauen mit Behinderung am Arbeitsmarkt doppelt benachteiligt
Erfolgreich mit Behinderung: Karin Schallert, Beraterin, Speakerin, Coach

Karen Schallert war auf dem Weg in eine erfolgreiche Karriere in der freien Wirtschaft, als die Diagnose Multiple Sklerose ihren Lebensplan ins Wanken brachte. Es folgten Rückschläge und Tiefpunkte. Doch sie entschloss sich, trotz ihrer Erkrankung ihren beruflichen Weg zu gehen und sich nicht aufhalten zu lassen. Unter anderem war sie als Personalleiterin eines internationalen Anlagebau-Unternehmens tätig – im Rollstuhl.

Eine Führungsposition zu erreichen, noch dazu in einem männerdominierten Umfeld, das ist für nicht-behinderte Frauen schon nicht leicht. Laut Statistischem Bundesamt sind in Deutschland knapp 29 Prozent der Führungspositionen von Frauen besetzt. Im EU-Vergleich liegt Deutschland damit im unteren Drittel. Für Frauen mit Behinderung ist es noch einmal schwerer.

Karen Schallert weiß: „Frauen haben es nach wie vor schwerer als Männer, eine Führungsposition zu erreichen – obwohl sie zum Teil besser ausgebildet sind als Männer, trotz Berufserfahrung und Leistungsbereitschaft. Ihnen wird aufgrund ihres Geschlechts weniger zugetraut. Frauen mit Behinderung erfahren doppelte Benachteiligung. Dass sie erfolgreiche Führungspersönlichkeiten sein können, haben viele Verantwortliche nicht auf dem Schirm. Auch sie sind gut ausgebildet und leistungsstark. Trotzdem: In Top-Führungsfunktionen in Unternehmen, in Forschung und Wissenschaft oder in der Politik gibt es nicht nur zu wenige Frauen, sondern auch zu wenige Frauen mit Behinderung.“

Frauen mit Behinderung erfahren doppelte Benachteiligung. Dass sie erfolgreiche Führungspersönlichkeiten sein können, haben viele Verantwortliche nicht auf dem Schirm.

Karen Schallert, Beraterin, Speakerin und Coach

Eine Studie der Aktion Mensch aus dem Jahr 2021 zeigt: Frauen mit Schwerbehinderung bilden das Schlusslicht unter den Erwerbstätigen: sie erzielen die niedrigsten Gehälter und arbeiten am wenigsten in Vollzeit. Der Anteil von Frauen mit Behinderung auf einer Führungsposition ist nur gering. Damit sind Frauen mit Behinderung eine besonders von Altersarmut bedrohte gesellschaftliche Gruppe. Gender- und behinderungsspezifische Aspekte verschränkten sich, heißt es in der Studie. Das bedeutet: Frauen sind doppelt benachteiligt, wegen ihres Geschlechts und wegen ihrer Behinderung.

Am schwersten haben es demnach Frauen mit einer angeborenen Behinderung. Schon das Erreichen eines höheren Schulabschlusses stellt sie wegen der unzureichenden Inklusion an allgemeinbildenden Schulen vor Herausforderungen. Wird die Behinderung erst im Laufe des Lebens erworben, stehen die Frauen (das gilt auch für Männer) oft schon ganz anders im Leben, sind besser ausgebildet, fühlen sich selbstbewusster und selbstwirksamer.

Die überwiegende Zahl der erwerbstätigen Frauen mit Behinderung arbeitet in Teilzeit. Die Studie erkennt darin ein „Frauenthema und weniger ein mit der Schwerbehinderung verknüpftes“, denn Männer mit Schwerbehinderung arbeiten häufiger in Vollzeit als Frauen ohne Behinderung. Als einen der Hauptgründe geben die Befragten an, dass sie sich körperlich und/oder psychisch nicht zu einem höheren Arbeitsumfang in der Lage sehen. Während für das Gros der erwerbstätigen Frauen Care-Arbeit der Hauptgrund für die Stundenreduzierung ist, scheint dies Frauen mit Behinderung weniger zu betreffen. Eine auf ihre Bedarfe ausgerichtete Arbeitswelt würde unterstützend wirken. Stattdessen fühlen sich Frauen, aber auch Männer mit Behinderung im Job im Schnitt gestresster als Menschen ohne. Auch das ergab die Studie der Aktion Mensch.

Die Befragung macht deutlich, dass Frauen mit Behinderung auch bei Weiterbildungen von ihren Arbeitgebern nicht im gleichen Maße berücksichtigt werden wie Frauen ohne Behinderung und Männer mit Behinderung. Dies fällt besonders auf, weil erwerbstätige Frauen seit 2020 mehr an betrieblicher Weiterbildung teilhaben als Männer – jahrelang war es umgekehrt

Karen Schallert hat sich vor einigen Jahren mit HandicapUnlimited als Unternehmensberaterin, Speakerin und Coach selbstständig gemacht. Sie berät Unternehmen in Sachen Inklusion und Personalmanagement und Menschen mit Behinderung in Sachen Karriere. Ihre Klientinnen und Klienten unterstützt sie beim Definieren und Erreichen von Karrierezielen. Dass eine Behinderung ein Grund sei, eigene Ambitionen, Talente und Stärken hinter dem Berg zu halten, sieht Karin Schallert nicht, im Gegenteil. Sie berät Unternehmen dahingehend, Menschen mit Behinderung als Bereicherung zu sehen. Mit ihrem Unternehmen ist Karen Schallert Partnerorganisation der Initiative Klischeefrei.

Wir brauchen Ihre Hilfe!