15.04.2025
Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Berufswahl überwinden: Was macht Europa?
CEDEFOP informiert über europäische Initiativen
In mehreren europäischen Ländern gibt es Initiativen, um Geschlechterstereotype bei der Berufswahl aufzubrechen, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Geschlechtern zu fördern und die Eingliederung in die Berufsbildung und das lebenslange Lernen zu unterstützen. In Deutschland ist dies die Initiative Klischeefrei. Welche weiteren Projekte gibt es in Europa?

Anhaltende geschlechtsspezifische Diskrepanzen in der Berufsbildung
Im Jahr 2022 waren 49 Prozent der Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II in der Europäischen Union in beruflichen Bildungsgängen eingeschrieben, wobei die Beteiligung der Männer an der beruflichen Erstausbildung (55,8 Prozent) deutlich höher war als die der Frauen (41,9 Prozent). Während dieser Trend in den meisten Ländern anhält – insbesondere in Italien, Polen und Deutschland, wo die geschlechtsspezifischen Unterschiede am größten sind – beginnen einige Länder, diesen Trend umzukehren.
In ganz Europa sind weibliche Absolventen in MINT-Fächern nach wie vor rar: Ingenieurwesen (7,1 Prozent aller Absolventen in diesem Fach), Architektur und Bauwesen (12,6 Prozent), IKT (2,5 Prozent), Naturwissenschaften, Mathematik und Statistik (15,4 Prozent). Dies beeinträchtigt weiterhin sowohl die Attraktivität als auch die Gleichstellung der beruflichen Bildung. Umgekehrt sind bestimmte Berufsbildungsbereiche überwiegend weiblich, z. B. das Gesundheitswesen (83,1 Prozent), das Sozialwesen (86,6 Prozent) und das Bildungswesen (96,3 Prozent). Traditionelle geschlechtsspezifische Präferenzen und strukturelle Hindernisse prägen nach wie vor die Berufswahl.
Einige Länder beschreiten jedoch einen neuen Weg, um Stereotypen in Frage zu stellen und die Inklusivität in der Berufsbildung durch Initiativen zur Umkehrung dieser Trends zu fördern.
Nationale Initiativen treiben den Wandel voran
In ganz Europa führen mehrere Länder mutige Maßnahmen und Kampagnen durch, um Geschlechternormen in Frage zu stellen und die Beteiligung von Frauen in traditionell von Männern dominierten Berufsbildungsbereichen zu fördern.
Irland – „Fact, Faces, Futures“ (deutsch: „Fakten, Gesichter, Zukunft“): Diese Kampagne stellt verschiedene weibliche Vorbilder und Erfolgsgeschichten vor, um Mädchen zu ermutigen, eine Berufsausbildung in Betracht zu ziehen, was zu einem deutlichen Anstieg der Anmeldungen von Frauen geführt hat.
Österreich – Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Berufsausbildung: In Österreich ist die Zahl der weiblichen Lehrlinge dank Initiativen wie dem Projekt „Digital Pioneers“, das junge Frauen in Programmierung, digitalen Fähigkeiten und unternehmerischer Innovation schult, stark gestiegen. Die Wirtschaftskammer Österreich finanziert auch Projekte zur Unterstützung von Frauen in nicht-traditionellen Bereichen, während „Women Entrepreneurs Go to School“ (seit 2017) Mädchen dazu inspiriert, eine unternehmerische Laufbahn einzuschlagen.
Deutschland – „Initiative Klischeefrei“: Diese bundesweite Initiative stellt Schulen und Kitas sowie Eltern, Lehrkräften und Unternehmen Ressourcen zur Verfügung, um eine geschlechtsneutrale Berufswahl zu fördern.
Niederlande – „Worden Wie Je Bent“ (deutsch: „Werde, wer du bist“): Dieses von der Regierung unterstützte Bündnis hebt inspirierende weibliche Vorbilder hervor, um Stereotypen im Zusammenhang mit der Studienwahl aufzubrechen. Die Regierung arbeitet auch mit Arbeitgebern und Schulen zusammen, um die Beteiligung von Frauen in technischen und IKT-Bereichen zu erhöhen, wie im Aktionsplan für grüne und digitale Arbeitsplätze 2023 dargelegt.
Schweden – „Naturvetenskap och teknik för alla“ (deutsch: „Wissenschaft und Technologie für alle“): Dieses Programm entwickelt Materialien und Aktivitäten, um das Interesse an MINT-Fächern zu steigern, insbesondere bei Frauen, die nach wie vor unterrepräsentiert sind. Im Jahr 2022 führte Schweden außerdem Änderungen am Lehrplan ein, um traditionelle Geschlechterrollen in Frage zu stellen und Sexismus und sexuelle Belästigung zu bekämpfen.
Eine Zukunft der Chancengleichheit in der Berufsbildung
Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung in der Berufsbildung und im lebenslangen Lernen sind von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass alle Menschen Zugang zu qualitativ hochwertigen Bildungs- und Karrieremöglichkeiten haben und davon profitieren können. Durch den Austausch bewährter Verfahren und die Umsetzung gezielter Maßnahmen ebnen die europäischen Länder den Weg für eine integrativere, vielfältigere und wettbewerbsfähigere Arbeitnehmerschaft.
Das Cedefop unterstützt diese Bemühungen weiterhin durch die Förderung von politischem Lernen, Forschung und Wissensaustausch, um sicherzustellen, dass die berufliche Bildung zu einem echten Motor der Chancengleichheit für alle wird.
Quelle: Pressemitteilung des Cedefop vom 27. März 2025 (auf Englisch)