Der Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2024 ist der erste, der ein Nach-Corona-Bild liefert. Zeigen sich auf dem Ausbildungsmarkt in Bezug auf das Merkmal „Geschlecht“ wesentliche Unterschiede zur Vor-Corona-Zeit?
Verschiebungen in den Geschlechteranteilen, die sich direkt und kausal auf die Corona-Pandemie zurückführen lassen, sind mir nicht bekannt. Aber natürlich haben die Maßnahmen, die mit der Corona-Pandemie einhergegangen waren, verschiedenen Branchen unterschiedlich hart getroffen.
Nehmen wir hier beispielhaft die Hotel- und Gastronomiebranche, die besonders von den Eindämmungsmaßnahmen betroffen war. Hier finden sich natürlich auch Berufe die überwiegend männlich bzw. weiblich besetzt sind und dementsprechend auch mal verstärkt Männer und mal Frauen betroffen waren. Man kann das vielleicht an zwei Beispielen veranschaulichen. Zum einen der Beruf „Koch/Köchin“ und zum anderen der Beruf „Hotelfachmann/-frau“. Der eine männlich dominiert, der andere weiblich dominiert und beide stark von den Auswirkungen der Pandemie betroffen.
Letztendlich hat sich meiner Ansicht nach eine unterschiedliche berufsspezifische „Geschlechterbetroffenheit“ über die Branchen und auch insgesamt über alle dualen Ausbildungsberufe wieder ausgeglichen. Eine nennenswerte Verschiebung der Geschlechteranteile aufgrund der Corona-Pandemie sehe ich nicht.
Gibt es aktuelle Daten darüber, wie junge Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind, sich – erfasst nach Geschlecht – auf (Ausbildungs-)Berufe bzw. Berufsbereiche verteilen?
Auswertungen dazu sind auf Basis der Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Erhebung zum 31.12.) möglich. Die Berufsbildungsstatistik erfasst die einzelnen Staatsangehörigkeiten der Auszubildenden, allerdings keinen Migrations- oder Fluchthintergrund. Als ausländische Auszubildende werden alle Auszubildende ohne deutschen Pass gezählt, egal wie lange sie schon in Deutschland leben. Wir haben die Auswertungen in der Rubrik „Zusatztabellen“ auf den Seiten vom Datensystem Auszubildende (DAZUBI) unter BIBB / Datensystem Auszubildende (DAZUBI) veröffentlicht.
Die drei Berufe mit den meisten Neuabschlüssen 2022 bei den männlichen ausländischen Auszubildenden waren Kraftfahrzeugmechatroniker, Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik und Elektroniker. Bei den ausländischen Frauen waren es die Zahnmedizinische Fachangestellte, die Medizinische Fachangestellte und die Kauffrau für Büromanagement. Bei der Zahnmedizinischen Fachangestellten machen ausländische Frauen sogar mehr als ein Drittel aller neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge aus.
Schaut man sich nicht die Berufe mit den meisten Neuabschlüssen von ausländischen Auszubildenden an, sondern die Berufe mit den höchsten Ausländeranteilen, so stehen die Berufe Fachmann/Fachfrau für Systemgastronomie, Fachkraft für Gastronomie, Fachmann/Fachfrau für Restaurants und Veranstaltungsgastronomie, Fachkraft Küche und Zahnmedizinische/-r Fachangestellt/-r ganz oben. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass die genannten Berufe auch die beliebtesten von ausländischen Auszubildenden sind. Viele andere Faktoren spielen dabei eine Rolle, wie bspw. die aktuelle Lage am Ausbildungsmarkt und die damit verbundenen Einmündungschancen, die individuellen Befähigungen bzw. Begrenzungen, etc.
Betrachtet man die einzelnen Zuständigkeitsbereiche, dann sind ausländische Auszubildende überproportional häufig im Handwerk und in den Freien Berufen zu finden, deutlich seltener in der Landwirtschaft und im Öffentlichen Dienst.
Auch wenn im Rahmen der Berufsbildungsstatistik kein Migrationshintergrund erfasst wird, so kann doch die Gruppe der Auszubildenden mit einer Staatsangehörigkeit eines der zugangsstärksten (nicht europäischen) Asylherkunftsländer gebildet werden. Diese bildet zwar immer noch nicht Geflüchtete ab, die deutlich gestiegene Zahl an Auszubildenden in dieser Gruppe ab 2015 deutet aber darauf hin, dass hier auch viele Geflüchtete erfasst werden. In dieser Gruppe gehören bei den männlichen Auszubildenden – wie auch bei den männlichen ausländischen Auszubildenden insgesamt – der Kraftfahrzeugmechatroniker und der Elektroniker zu den am stärksten besetzten Berufen, hinzu kommt hier noch der Friseur. Bei den weiblichen Auszubildenden sind es Zahnmedizinische Fachangestellte, Medizinische Fachangestellte und Friseurin.
Wie attraktiv ist laut neuesten Daten die Ausbildung in Teilzeit – und wie nehmen Männer und Frauen diese Möglichkeit an?
Wenn man eine längere Zeitreihe betrachtet, dann ist der Anteil an Neuabschlüssen in Teilzeit zwar seit dem Berichtsjahr 2008 angestiegen, er verbleibt allerdings auf sehr niedrigem Niveau. Für das Jahr 2022 wurden nur 0,5 Prozent der Neuabschlüsse im dualen System als Teilzeitberufsausbildung gemeldet.
Anders als im dualen System insgesamt, bilden Frauen die überwiegende Mehrheit der Auszubildenden in Teilzeit. So schlossen 2022 1,1 Prozent der Frauen einen Vertrag in Teilzeit ab. Bei den Männern waren dies nur 0,1 Prozent. Einen deutlichen Anstieg konnten auch die gesetzlichen Neuregelungen nicht bewirken. Und dies obwohl die stärkere Nutzung der Teilzeitoptionen auch dazu dienen könnten, weitere Potenziale zu nutzen und so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.