22.01.2024
„Eine klischeefreie Arbeitswelt erkennt in der Diversität eine Stärke“
MoreDiversity.DE setzt sich als Non-Profit-Organisation für eine inklusive Gesellschaft ein, das heißt für faire Repräsentation, echte Chancengerechtigkeit und Wahlfreiheit. Warum Klischeefreiheit auch dazugehört, erzählt Gründerin Martina van Hettinga im Interview.
Was ist für Sie der Mehrwert einer Partnerschaft mit der Initiative Klischeefrei? Und warum ist für Sie Klischeefreiheit so wichtig?
Wir von MoreDiversity.DE sehen eine Partnerschaft mit der Initiative Klischeefrei als essentiellen Schritt, um mit vereinten Kräften daran zu arbeiten, die Diversität und Chancengleichheit in der Arbeitswelt zu fördern. Klischeefreiheit ist für unsere beiden Initiativen ein zentrales Anliegen, weil sie die Grundlage für eine wirklich inklusive Gesellschaft bildet. Nur wenn wir Klischees in der Berufswahl und am Arbeitsplatz überwinden, ermöglichen wir jedem Menschen, seine wahren Interessen und Talente zu entfalten, unabhängig von Geschlecht oder sozialem Hintergrund. Und nur, wenn wir hier konsequent sind, können alle ihre Talente auch in unserer Gesellschaft einbringen.
Was ist für Sie das Wichtigste an einer klischeefreien Berufswahl?
Sie garantiert jedem die Freiheit, seinen eigenen Weg zu wählen, ohne durch überholte Vorstellungen eingeschränkt zu werden. In einer Arbeitswelt ohne Geschlechterklischees sehe ich ein Umfeld, in dem Menschen aufgrund ihrer Fähigkeiten und Leistungen beurteilt werden, nicht aufgrund ihres Geschlechts oder anderer persönlicher Merkmale.
Welchen Beitrag leistet MoreDiversity.DE zu einer Arbeitswelt frei von Klischees oder was ist geplant?
Unser Beitrag wird in Zukunft vor allem in Bildungsprogrammen, Aufklärungsarbeit und Partnerschaften mit Unternehmen und Bildungseinrichtungen liegen. Wir planen, diese Aktivitäten auszubauen, um ein breiteres Bewusstsein für die Bedeutung von Vielfalt zu schaffen. Vor allem setzen wir bei MoreDiversity.DE aber auch direkt beim Thema Erziehung an, z. B. in Zusammenarbeit mit Kindertagesstätten. Ohne klischeefreie Erziehung wird es langfristig keine klischeefreie Arbeitswelt geben.
Eine Arbeitswelt ohne Geschlechterklischees – wie sähe die für Sie aus?
Eine Arbeitswelt ohne Geschlechterklischees ist für mich ein Ort, an dem Berufswahl und Karriereentwicklung ausschließlich auf individuellen Stärken und Interessen basieren, unabhängig vom Geschlecht (idealerweise natürlich auch unabhängig von allen anderen Diversitätsdimensionen). In solch einer Welt sind Führungspositionen und Fachgebiete gleichmäßig zwischen allen Geschlechtern verteilt. Entlohnung erfolgt fair und geschlechtsunabhängig, und flexible Arbeitsmodelle unterstützen jeden gleichermaßen bei der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Vielfalt in Teams ist Norm, nicht Ausnahme, wodurch Innovation und Kreativität gefördert werden. Eine solche Arbeitswelt erkennt die Stärke in der Diversität und nutzt sie als Schlüssel zu Erfolg und Fortschritt.
Sehen Sie Chancen, durch ein klischeefreies Recruiting/Anwerben Fachkräftesicherung gezielter anzugehen?
Ich sehe in klischeefreiem Recruiting eine enorme Chance, die Fachkräftesicherung zu verbessern. Durch einen inklusiven Ansatz erreichen wir ein breiteres Spektrum an Talenten und fördern eine Kultur der Offenheit und Innovation.
Gab es ein bestimmtes Ereignis, durch das für Sie deutlich wurde, dass die Themen Vielfalt und Chancengerechtigkeit Vorteile bringen?
Ein Wendepunkt für mich war die Erkenntnis, dass vielfältige Teams oft kreativer und leistungsfähiger sind. Dies bestärkte mich in dem Glauben, dass Vielfalt nicht nur ethisch richtig, sondern auch wirtschaftlich vorteilhaft sind. Tatsächlich bin ich selbst in reinen Männerdomänen früh stark gefördert worden. Ich muss zugeben, mit Vorurteilen hatte ich in meiner Karriere eher weniger zu tun gehabt, auch wenn es die natürlich immer und überall gibt. Da bin ich selbst nicht vollkommen frei von, wir alle nicht – und gerade das sollte uns allen immer wieder vor Augen führen, dass es bis zur kompletten Chancengerechtigkeit noch ein ganz schöner Weg ist.
Außerdem habe ich als Mutter von Zwillingen – ein Mädchen und ein Junge – in den letzten Jahren oft genug direkt erfahren, wie unterschiedlich unsere Gesellschaft die Geschlechter schon von Kindesbeinen an behandelt. Nur durch eine klischeefreie Erziehung können wir künftig wirklich Vielfalt in Organisationen etablieren, diverse Führungsteams schaffen und somit Quoten nicht nur erfüllen, sondern sie überflüssig machen. Es geht darum, Vielfalt als Normalität zu etablieren, und das beginnt mit der Art und Weise, wie wir Kinder erziehen und Jugendliche in ihrer beruflichen Orientierung unterstützen.
Martina van Hettinga hat 2022 die Non-Profit-Organisation MoreDiversity gegründet. Als Geschäftsführerin in der freien Wirtschaft, Investorin, Aufsichtsrätin und Mutter von Zwillingen ist sie der festen Überzeugung, dass wir Diversität und Chancengerechtigkeit langfristig nur mit einem nachhaltigen gesamtgesellschaftlichen Wandel – von der Kita bis zur Chef*innnenetage – erreichen können und hier in Deutschland noch einen langen Weg vor uns haben. Deshalb möchte sie mit dem Team und Netzwerk von MoreDiversity einen Beitrag zu diesem Wandel leisten und sich für eine bunte, chancengerechte und inklusive Gesellschaft einsetzen.