Perspektiven statt Vorurteile: So stärkt die HWK junge Talente

Frau Hammann, können Sie die HWK Reutlingen bitte vorstellen?

Unsere Mitgliedsbetriebe beschäftigen rund 80.000 Menschen, darunter etwa 4.000 Auszubildende. In unserer täglichen Arbeit stehen wir im engen Austausch mit Bund, Ländern und Kommunen, mit Schulen, Hochschulen und Forschungsinstituten sowie mit Wirtschaftsorganisationen, Medien und Gewerkschaften.

Wir begleiten junge Menschen, Betriebe und Prüfungsausschüsse entlang der gesamten Ausbildungskette: von der Berufsorientierung und dem Einstieg über Vertragsgestaltung und Ausbildungsbegleitung bis hin zur Organisation und Durchführung von Zwischen- und Abschlussprüfungen. Wir unterstützen Jugendliche bei der klischeefreien Berufsfindung. Die Handwerkskammer berät Betriebe außerdem zu Themen wie Ausbildungsqualität, Personalgewinnung, rechtlichen Fragen, Digitalisierung und Nachhaltigkeit.
Unser Ziel: Jungen Menschen eine gute Ausbildung ermöglichen, Talente für das Handwerk gewinnen und sichtbar machen und faire, transparente Prüfungen sicherstellen.

Was hat Sie motiviert, der Initiative Klischeefrei beizutreten?

Ich erlebe täglich, wie stark Berufsentscheidungen von Erwartungen und tradierten Bildern beeinflusst werden. Dabei sollte allein die Persönlichkeit, die Motivation und das Können einer jungen Frau oder eines jungen Mannes zählen – nicht das Geschlecht. Mädchen, die sich für gewerblich-technische Berufe begeistern, und Jungen, die in Pflege-, Gesundheits- oder Dienstleistungsberufen ihre Stärken sehen, verdienen die gleiche Ermutigung und die gleichen Chancen.

Als Partner der Initiative Klischeefrei seit März 2021 setzen wir ein deutliches Zeichen: Geschlechtsspezifische Rollenklischees haben in der heutigen Zeit nichts mehr verloren. Wir möchten Orientierung bieten, Barrieren abbauen und zeigen, dass Vielfalt im Handwerk gelebter Alltag ist – und ein echter Erfolgsfaktor gegen den Fachkräftemangel.

Auf welche Weise setzen Sie sich für eine geschlechtsneutrale Berufs- und Studienorientierung ein?

Wir unterstützen Praktika, Schulkooperationen, Berufsinformationstage sowie Formate wie Girls’Day und Boys’Day. Jugendliche lernen echte Arbeitsrealitäten kennen – unabhängig von Rollenbildern. Außerdem arbeiten wir mit weiblichen und männlichen Role Models aus unterschiedlichen Gewerken. Sie zeigen: Erfolg im Handwerk hängt nicht vom Geschlecht ab, sondern von Können und Leidenschaft.

Mein Team begleitet Auszubildende und Betriebe über die gesamte Ausbildungszeit, vermittelt bei Konflikten und stärkt die Ausbildungsqualität. In unserem Mentorinnen-Netzwerk für Frauen im Handwerk bieten wir Persönlichkeits- und Karriereentwicklung angehender Handwerkerinnen während ihrer Ausbildung an.
Unsere Gremien und Prüfungsausschüsse sind divers besetzt. Wir sorgen für faire Rahmenbedingungen und praxisnahe, vergleichbare Prüfungen.

Wir sensibilisieren Betriebe für passende Schutzausrüstung und ergonomische Arbeitsplätze – etwa gutsitzende PSA für alle Körperformen. Sicherheit ist kein Geschlechterthema, sondern eine professionelle Grundhaltung.
Ob Teilzeit-Ausbildung, Nachqualifizierung oder Übergangsformate: Wir machen unterschiedliche Lebenslagen sichtbar und möglich. Das stärkt Teilhabe und reduziert Ausbildungsabbrüche.

Unser Anspruch ist klar: Wir eröffnen Perspektiven und fördern Talente – klischeefrei, praxisnah und mit großem Engagement für das Handwerk in der Region. Nur so gewinnen wir die Fachkräfte von morgen.