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Forum 4: Der Pay-Gap beginnt im Kinderzimmer

Forumsleitung: Almut Schnerring und Sascha Verlan

Almut Schnerring und Sascha Verlan, Journalist/-innen und Autor/-innen, zeigten den 65 Teilnehmenden auf, auf welchen vielschichtigen Ebenen Kindern im Alltag Rollenklischees begegnen.

Forum 4: Der Pay-Gap beginnt im Kinderzimmer

Mit ihrem Buch „Die Rosa-Hellblau-Falle. Für eine Kindheit ohne Rollenklischees“ haben die Referierenden vor einigen Jahren aufgezeigt, wie Werbung nicht nur Einfluss auf die Kinder, sondern auch auf die Erwachsenen hat. Rosa für Mädchen – blau für Jungen. Wenn Kinder aber ständig von Klischees umgeben sind, können wir dann wirklich noch behaupten, sie hätten eine freie Wahl?

Der Taschengeld-Pay-Gap spiegelt den Gender-Pay-Gap im Kleinen. Jungen haben oft mehr Geld zur Verfügung als Mädchen. So nehmen Kinder das, was die Erwachsenen aus der Arbeitswelt gewöhnt sind, schon früh als gegeben an.

Der Gender-Care-Gap beginnt ebenfalls schon in der Kindheit. Mädchen werden eher für Sorgearbeit eingeplant als Jungen. Sie kümmern sich um jüngeren Geschwister oder helfen im Haushalt. Erwachsene Frauen leisten rund 80 Prozent der Care Arbeit.

Den Gender-Bias erleben Kinder bereits im Kindergarten. Gleiches Verhalten von Kindern wird von Erwachsenen anders bewertet. Laute Jungen werden zum Austoben eher nach draußen geschickt, Mädchen sollen eher zur Ruhe kommen und beispielsweise etwas malen.

Rollenbilder werden schon früh weitergegeben. Erwachsene begegnen bereits Babys in unterschiedlicher Weise, je nach dem, ob sie sie für einen Jungen oder ein Mädchen halten. Dies haben die sogenannten Baby-X-Studien nachgewiesen. Schon im Kindesalter halten Mädchen Jungs für schlauer, ein Bild, das zum Beispiel in Anzeigen mit beruflichem Kontext unbewusst aufgegriffen und wieder weitergegeben wird (vgl. Präsentation S. 9 und 10).

Gendermarketing wird in Deutschland seit dem Jahr 2006 forciert eingesetzt. Seither finden sich viele getrennte Produktwelten im Einzelhandel, insbesondere für Kinder. (Beispiele: siehe Präsentation ab S. 15) Lego zum Beispiel gibt den Figuren der für Mädchen entwickelten Serie „Lego Friends“ Namen. Die Figuren für Jungen haben dagegen Berufe.

Heranwachsende wollen dazugehören und versuchen sich einer dieser Gruppen zuzuordnen. Damit ist ihre freie Wahl, wie sie ihr Leben gestalten, von Beginn an eingeschränkt.

Wege aus der Falle

Während eine Mehrheit der Teilnehmenden vor allem die Eltern in der Pflicht sahen, die Dinge zu ändern, tragen für Almut Schnerring und Sascha Verlan Politik und einen großen Teil der Verantwortung bzw. haben Gestaltungsmöglichkeiten. Notwendig für Veränderungen seien:

  • Eine geschlechtersensible Pädagogik in Kindertageseinrichtungen;
  • das Hinterfragen und kritische Reflektieren des Satzes „Wir achten nur auf Qualität, nicht auf das Geschlecht.“;
  • das Sichtbarmachen verdeckter Hierarchien in allen Gesellschaftsbereichen;
  • das Überdenken von Sprache und Handeln;
  • mehr Vielfalt in Werbung, Spielwarenindustrie, Kinder- und Schulbüchern;
  • eine faire Verteilung der Sorgearbeit von Anfang an.

Feedback im Chat von Teilnehmenden

„Ich arbeite als Gleichstellungsbeauftragte. Netzwerke und Beharrlichkeit sind das A und O. Und interessierte Menschen; die Synergien sollte man nutzen. Aber es ist mühsam, und Uninteressierte sind schwer zu gewinnen.“

„Wir haben in Norderstedt (SH) 2013 eine Ausstellung zu Männer- und Frauenbildern in der Werbung durchgeführt. Das konnten wir schnell umsetzen, man muss scheinbar immer noch nicht lange nach Klischees suchen.“