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22.02.2019

Neues BIBB-Forschungsprojekt: Frauen wählen MINT

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) startet das Forschungsprojekt „Frauen wählen MINT“. Ziel ist es, Empfehlungen für die Berufsorientierung und Personalentwicklung auszuarbeiten, um den Anteil von Frauen in der Aus- und Fortbildung dualer nicht-akademischer MINT-Berufe zu steigern.

Junge Frau im Blaumann arbeitet an einer großen gelben Maschine

In den letzten Jahren hat das Thema Frauen in Berufen der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) nochmals stark an Bedeutung gewonnen. Sowohl in der Praxis und Wissenschaft als auch in der Politik wird diskutiert, wie sich die Frauenquote in diesen Berufsfeldern steigern lässt.

Nicht zuletzt auf Grund des erhöhten Fachkräftemangels in diesen Bereichen, der im Jahr 2018 einen neuen Rekord erreicht hat, gibt es Einigkeit, mehr Frauen für diese Berufe zu gewinnen, da sie entscheidend zu einer Minderung der Fachkräftelücke beitragen könnten.

Zahlreiche Initiativen, wie zum Beispiel der Girls‘Day, Klischeefrei oder Komm, mach MINT haben zum Ziel, Frauen die sogenannten MINT-Berufe näher zu bringen und so die Frauenquote in diesen Bereichen zu steigern.

Während der Anteil von Studienanfängerinnen insbesondere in technischen Fächern sowie in Physik und Informatik in den letzten Jahren überproportional angestiegen ist, hat sich der Anteil von Frauen im dualen nicht-akademischen Ausbildungsbereich von MINT-Berufen in den letzten Jahren kaum verändert; vielmehr verharrt er auf geringem Niveau.

So lag der Anteil von Frauen an den Neuabschlüssen von Ausbildungsverträgen im Jahr 2016 bei der größten Zahl der Metall- und Elektroberufe bei deutlich unter zehn Prozent. Gründe für diese Stagnation werden zum einen in der noch immer mangelnden Bewerberinnenzahl auf Ausbildungsplätze, zum anderen aber auch auf institutioneller Seite gesehen, da es immer noch Vorbehalte gegenüber Frauen in männlich dominierten Berufen gibt.

Frauentypische Berufe im MINT-Bereich

Betrachtet man die Auszubildendenzahlen von Berufen, die im MINT-Bereich angesiedelt sind, jedoch genauer, lässt sich erkennen, dass Frauen dort nicht grundsätzlich in geringem Maße vertreten sind. Ein tiefergehender Blick weist darauf hin, dass es auch im MINT-Bereich frauentypische Berufe, das heißt Berufe, die von Frauen häufig gewählt werden, gibt.

Während der Männeranteil in Produktions- bzw.- produktionstechnischen Ausbildungsberufen deutlich überwiegt, ist in anderen MINT-Berufen, die zum Beispiel einen gestalterischen oder kaufmännischen Schwerpunkt haben oder aber im Labor bzw. in der Konstruktion zu verorten sind, das Verhältnis zwischen Männern und Frauen weitaus ausgewogener; teilweise liegt die Frauenquote in diesen Berufen sogar bei über 50 Prozent.

Ausgehend von diesen doch teilweise großen quantitativen Differenzen des Frauenanteils innerhalb der MINT-Berufe stellt sich die Frage, weshalb Frauen bestimmte MINT-Berufe verstärkt wählen, andere jedoch in der Berufswahl für Frauen kaum eine Rolle spielen. Ein wesentliches Ziel des Projektes ist es daher, sowohl die sozialen und individuellen als auch die kontextuellen Faktoren zu identifizieren, die Frauen positiv in ihrer Entscheidung für einen MINT-Beruf beeinflussen.

Des Weiteren soll im Forschungsprojekt „Frauen wählen MINT“ untersucht werden, ob sich die Erwartungen an den gewählten Beruf, die weibliche Auszubildende zu Beginn der Ausbildung haben, auch mit den Erfahrungen während der Berufsausbildung decken.

So sollen Kriterien erarbeitet werden, die bei Schulabsolventinnen zu einer Entscheidung für einen Produktions- oder produktionstechnischen MINT-Beruf führen und Kriterien, die eher für einen MINT-Beruf im Produktionsumfeld sprechen. Diese Erwartungen sollen mit den tatsächlich erlebten Erfahrungen von weiblichen Auszubildenden kurz vor der Abschlussprüfung abgeglichen werden, um dadurch zu ermitteln, ob retrospektiv auch ein verwandter, eher produktionsnaher Beruf in Frage gekommen wäre und welche Kriterien eine Umorientierung begünstigt hätten.

Schließlich soll im Rahmen des Projektes auch der Zugang zum nächsten Bildungsniveau betrachtet werden. Denn in fast allen Branchen zeigt sich, dass der Anteil von Frauen an Fortbildungsabschlüssen deutlich unter dem der Ausbildungsabsolventinnen liegt.

Um nähere Erkenntnisse über mögliche Ursachen dafür zu bekommen, soll eine tiefergehende Analyse von möglichen fördernden und hemmenden Faktoren bei der Entscheidung über einen weiteren beruflichen Aufstieg und dem Weg zum Fortbildungsabschluss erfolgen.

Dazu sollen weibliche Fachkräfte in Betrieben und Teilnehmerinnen an Vorbereitungskursen zu Fortbildungsprüfungen befragt werden. Grundlage für diesen Teil des Forschungsprojektes bilden geregelte Fortbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) auf Niveau 5 oder 6 des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR), die für die untersuchten MINT-Ausbildungsberufe besonders geeignet sind.

Forschungslücken schließen

Prof. Dr. Hubert Ertl, Forschungsdirektor des Bundesinstituts für Berufsbildung hebt hervor, dass das neue Projekt Forschungslücken aufgreift. „Während die akademischen MINT-Berufe häufig im Fokus der wissenschaftlichen Untersuchungen liegen, wurden konkrete MINT-Berufe des dualen Berufsbildungssystems erst wenig untersucht.“

Ziel des Projektes ist es, Handlungsempfehlungen für eine gezieltere Berufsorientierung und für Personalentwicklungsmaßnahmen zu erarbeiten, um den Frauenanteil in MINT-Berufen insbesondere in den Produktions- und produktionstechnischen Berufen und bei den weiblichen Führungskräften steigern zu können. Ebenso sollen Erkenntnisse über Möglichkeiten der Optimierung von Ordnungsmitteln für die Aus- und Fortbildung gewonnen werden.