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„Ein Weg für mehr Frauen in MINT-Berufen ist das Ansetzen bei der Berufswahl“

Das Deutsche Elektronen-Synchrotron ist eines der weltweit führenden Beschleunigerzentren. DESY entwickelt, baut und betreibt große Teilchenbeschleuniger und erforscht damit die Struktur der Materie. Im Interview stellt Meike Johannsen, die Hauptabteilungsleiterin Verwaltung, „klischeefreie“ DESY-Aktivitäten vor.

DESY-Hauptabteilungsleiterin Verwaltung, Meike Johannsen (Foto: Gesine Born)

Frau Johannsen, könnten Sie Ihre Einrichtung bitte kurz vorstellen?

Das Deutsche Elektronen-Synchrotron DESY ist ein Forschungszentrum der Helmholtz-Gemeinschaft und eines der weltweit führenden Zentren in der Forschung mit Photonen, in der Teilchen- und Astroteilchenphysik sowie in der Beschleunigerphysik.

An unseren beiden Standorten Hamburg und Zeuthen arbeiten mehr als 2.400 Beschäftigte in Wissenschaft, Technik und Administration. Außerdem finden jährlich über 3.000 Gastforscherinnen und Gastforscher aus über 56 Nationen ihren Weg zu DESY.

Was hat Sie motiviert, der Initiative Klischeefrei beizutreten?

DESY ist traditionell eher männlich geprägt – im technischen und wissenschaftlichen Bereich liegt der Anteil von Frauen immer noch unter 30 Prozent. Gerade deshalb ist es für DESY wichtig, dass wir uns immer wieder aktiv mit dem Thema klischeefreier und geschlechtergerechter Berufs- und Studienwahl auseinandersetzen.

Denn ein Weg, um mehr Frauen in MINT-Berufe und auch in Führungspositionen zu bekommen, ist es, ganz am Anfang anzusetzen – das heißt schon bei der Berufswahl. Wir möchten Mädchen und Jungen gleichermaßen für die Forschung in den Naturwissenschaften und die Arbeit in technisch geprägten Berufen begeistern.

In vielen Bereichen ist DESY schon sehr bunt und divers – Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vieler Nationalitäten arbeiten bei uns. Diese Vielfalt ist eine große Bereicherung und ein Wert für DESY, den wir gerne fördern und in einigen Bereichen noch verbessern möchten.

Dafür eröffnen uns der Wissens- und Erfahrungsaustausch innerhalb der Initiative Klischeefrei wichtige neue Perspektiven und Handlungsansätze.

Auf welche Weise setzt sich DESY für eine geschlechtersensible Berufs- und Studienorientierung ein?

DESY setzt sich mit vielfältigen Aktionen und Maßnahmen für mehr Geschlechtervielfalt ein – unter anderem gibt es regelmäßig einen MINT-Tag, an dem weibliche DESY „Role Models“ aus Technik und Wissenschaft interessierten Schülerinnen von ihrem Beruf und ihren Erfahrungen berichten. Zusätzlich wurden beim letzten MINT-Tag zum Beispiel Workshops zu Coding, Informationen zum Thema Ausbildung und Studium sowie ein Bewerbungstraining angeboten.

Auch im „DESY-Schüler*innenlabor“ gibt es spezielle Mädchentage, an denen Schülerinnen der 7. und 8. Klasse zur Berufserkundung in kleinen Gruppen experimentieren können. Letztes Jahr hat außerdem ein „Django Girls Programmierworkshop“ bei DESY stattgefunden. Wir möchten Mädchen mit diesen Aktionen zeigen, dass die MINT-Fächer Spaß machen können.

DESY veranstaltet außerdem jedes Jahr sehr erfolgreich den Zukunftstag für Mädchen und Jungen mit Workshops zum Thema Rollenbilder und deren Auswirkungen. Jungen werden dabei von Patinnen und Paten hauptsächlich aus der Verwaltung betreut, Mädchen von Paten und Patinnen aus Technik und Wissenschaft. Auf diese Weise möchten wir das Berufswahlspektrum der Schülerinnen und Schüler erweitern und sie dazu anregen, Rollenklischees zu hinterfragen. 

Insgesamt arbeiten wir aktiv und sehr bewusst an der Darstellung von DESY und wollen in Zukunft das Bild nach außen noch diverser gestalten. Alle Stellenausschreibungen bei DESY sind beispielsweise schon jetzt durchgehend in der weiblichen Form – mit dem Zusatz m/w/d – verfasst und sprechen so Frauen direkt an. 

Welche Erfolge haben Sie bisher mit Ihrer Arbeit erreicht?

Alle Angebote der Berufsorientierung werden sehr erfolgreich angenommen. Am Zukunftstag bei DESY gibt es jedes Jahr viel mehr Anfragen als Plätze, und wir bekommen sowohl von den Mädchen als auch von den Jungs ein sehr gutes Feedback. Nach der Durchführung des MINT-Tags gab es eine große Nachfrage nach Praktikumsplätzen. Jetzt wird es darauf ankommen, dieses Interesse zu nutzen und diese Mädchen nachhaltig an DESY zu binden.

Wir haben inzwischen erfreulicherweise viele Führungspositionen in Stabsstellen sowie im Verwaltungsbereich mit Frauen besetzt und viele hochqualifizierte, leitende Wissenschaftlerinnen für uns gewinnen können. Wir schreiben Stellen grundsätzlich extern aus, um mehr Frauen eine Chance zu geben, sich zu bewerben und so der Unterrepräsentanz von Frauen in bestimmten Bereichen entgegenzuwirken.

Für den Herbst ist außerdem der Start eines Frauennetzwerks geplant, das weiblichen Führungskräften aus allen Bereichen von DESY einen Rahmen zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch geben und sie in ihrer Rolle unterstützen soll.