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31.03.2020

„Nach wie vor wird die Arbeit von Frauen und Männern unterschiedlich bewertet und bezahlt“

Der Katholische Deutsche Frauenbund e.V . (KDFB) gehört zu den großen katholischen Frauenverbänden und setzt sich für Interessen und Rechte von Frauen in Politik, Gesellschaft und Kirche ein. Im Interview spricht Christiane Fuchs-Pellmann über die Motivation des KDFB, bei der Initiative Klischeefrei mitzumachen.

Christiane Fuchs-Pellmann, KDFB

Frau Fuchs-Pellmann, können Sie den KDFB bitte kurz vorstellen?

Der Katholische Deutsche Frauenbund e. V. (KDFB) gehört mit bundesweit 180.000 Mitgliedern, die regional in circa 1.700 Gruppierungen (sog. „Zweigvereinen“) organisiert sind, zu den großen katholischen Frauenverbänden.

Als katholische Frauen den Verband 1903 in Köln gründeten, taten sie dies aus der bürgerlichen Frauenbewegung heraus. Aufgrund ihrer christlichen Werthaltungen setzten sie sich zum Ziel, den sozialen Benachteiligungen von Frauen entgegenzuwirken und ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Außerdem war es ihnen wichtig, Frauen für eine gleichberechtigte Teilhabe und Mitwirkung in allen Lebensbereichen, in Politik, Gesellschaft und Kirche, zu sensibilisieren.

Seit 117 Jahren handelt der KDFB auf dieser Grundlage und motiviert seine Mitglieder zu gesellschafts-politischem Engagement. Der Verband setzt sich für Interessen und Rechte von Frauen ein, für mehr Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit.

Besonders wichtig ist dem Frauenbund: lebensphasenorientierte Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege, Entgeltgleichheit, eigenständige Alterssicherung von Frauen, verbesserte Anerkennung von Kindererziehungsleistungen in der Rente, mehr Frauen in Führungspositionen, auch in der Kirche. Diese und weitere Themen werden innerhalb des Verbandes diskutiert. Mit konkreten Positionen und Forderungen richten wir uns damit an Verantwortliche in Politik, Gesellschaft und Kirche.

Was hat Sie motiviert, der Initiative Klischeefrei beizutreten?

Der KDFB setzt sich für eine Gesellschaft ein, in der Frauen und Männer gleiche Verwirklichungschancen haben, und zwar in allen Teilen unserer Gesellschaft. Aus diesem Grund halten wir Gender Mainstreaming als Querschnittsaufgabe in Politik und Gesellschaft als unverzichtbar auf dem Weg zu mehr Geschlechtergerechtigkeit.

Ein Großteil der wichtigen Themen, die uns bewegen – die partnerschaftliche Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit zwischen Frauen und Männern, ein stärkerer Ausbau eigenständiger Rentenansprüche etc. – beginnen mit dem Erlernen und Ausüben eines Berufs, bei dem die eigenen Stärken und Fähigkeiten bestmöglich eingesetzt werden. Eine veraltete und starre Ausrichtung nach geschlechterspezifischen Stereotypen ist dabei der falsche Weg.

Nach wie vor wird die Arbeit von Frauen und Männern unterschiedlich bewertet und bezahlt. Eine Ursache dafür ist sowohl die Unterrepräsentanz von Frauen in bestimmten Berufen und Branchen, die schlechte Bezahlung „typischer Frauenberufe“ und das Vorherrschen von gängigen Rollenstereotypen bei der Berufswahl.

Im Jahre 2020 sollte all dies nicht mehr ausschlaggebend sein. Genau aus diesem Grund ist der KDFB der Initiative Klischeefrei beigetreten. Damit möchten wir unsere Standpunkte in der gesellschaftlichen Debatte noch stärker sichtbar machen und uns mit anderen Verbänden, Organisationen und Initiativen vernetzen.

Auf welche Weise setzen Sie sich für eine geschlechtersensible Berufs- und Studienorientierung ein?

Als gesellschaftspolitisch aktiver Frauenverband war und ist eines unserer Ziele das Mitwirken an gesellschaftlichem Umdenken, damit die im Grundgesetz festgeschriebene Gleichberechtigung von Frauen und Männern Wirklichkeit wird. Eine Gesellschaft, die für alle Generationen gerechte Beteiligungs- und Entfaltungsmöglichkeiten bieten soll, muss geschlechtergerecht gestaltet sein.

Mädchen und Jungen, Frauen und Männer stehen in ihrem Lebensverlauf vor unterschiedlichen geschlechtsspezifischen Herausforderungen, denen auch strukturell begegnet werden muss. Dazu zählt zum Beispiel das Angebot einer geschlechtersensiblen Berufsberatung für Jungen und Mädchen. Sie soll bewusst macht, wo die eigenen Stärken liegen. Ebenso soll sie aufzeigen, die Wahl eines bestimmten Berufs oder eines Lebensmodells auch Konsequenzen für die finanzielle und soziale Absicherung haben kann.

Der KDFB versteht sich seit über 100 Jahren als ein Verband, der Frauen in Gesellschaft und Politik stärkt und unterstützt. Wir ermutigen nicht nur Frauen, sich in den unterschiedlichen Feldern zu engagieren und einzubringen, sondern machen sie innerverbandlich als Rollenvorbilder für andere Frauen sichtbar.

In der KDFB-Mitgliederzeitschrift „engagiert – Die christliche Frau“ werden verschiedene Aspekte dieser Thematik immer wieder aufgegriffen. Auf diese Weise haben 180.000 Mitglieder des KDFB – und auch deren Familienmitglieder, die die Zeitschrift oftmals mitlesen – die Möglichkeit, sich mit den Fragen von gängigen Klischees, Rollenverhalten, Benachteiligungen, Gender Mainstreaming und Gleichberechtigung der Geschlechter zu befassen und darüber ins Gespräch zu kommen. Auch in Bildungsveranstaltungen setzen sich Frauen mit diesen Facetten, die in Politik, Gesellschaft und Kirche gleichermaßen auftreten, auseinander.

Unser Engagement in der Ermutigung von Personen sich frei von Rollenbildern in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik einzubringen, sowie die Vernetzung von Frauen und das Sichtbarmachen derer, trägt somit stark zur einer gesellschaftlichen Bewusstseinsbildung, sowie -wandel bei.