24.04.2023
„Wir brauchen kompetente und motivierte Frauen und Männer gleichermaßen“
Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg hat sich der Initiative Klischeefrei angeschlossen. Im Interview spricht Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut über die Motivation und Maßnahmen ihres Hauses.
Frau Dr. Hoffmeister-Kraut, können Sie das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg kurz vorstellen?
Unser Ministerium mit seinen über 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist verantwortlich für die Wirtschaftspolitik des Landes Baden-Württemberg. Zum Aufgabenbereich gehören unter anderem die Förderung der Wirtschaft, insbesondere der mittelständischen Wirtschaft, und der wirtschaftsnahen Forschung. Mit einem umfangreichen Maßnahmenkatalog unterstützt das Ministerium darüber hinaus u.a. die berufliche Aus- und Weiterbildung und die Fachkräftesicherung. Die nachhaltige und qualitätsorientierte Entwicklung des Tourismus ist uns ein weiteres zentrales Anliegen.
Was hat Sie motiviert, der Initiative Klischeefrei beizutreten?
Die Erschließung aller Talente und Fachkräftepotenziale ist eine zentrale wirtschaftspolitische Aufgabe. Noch immer ist der Ausbildungs- und Arbeitsmarkt in Deutschland geschlechtsspezifisch stark gespalten. Vorstellungen zur beruflichen Eignung sind häufig noch eng mit stereotypen Rollenmustern verknüpft. Dadurch beschränken sich Jugendliche, insbesondere junge Frauen, in ihrer Entscheidungsfindung oftmals auf ein eingeengtes Berufsspektrum. Für die Fachkräftesicherung in allen Branchen brauchen wir kompetente und motivierte Frauen und Männer gleichermaßen. Durch den Beitritt wird unser Ministerium als aktiver Unterstützer einer talentorientierten und klischeefreien Berufswahl noch besser sichtbar und kann mit anderen beteiligten Partnerorganisationen enger zusammenarbeiten.
Auf welche Weise setzen Sie sich für eine geschlechtersensible Berufs- und Studienorientierung ein?
Das Wirtschaftsministerium unterstützt die Ziele der Initiative „Klischeefrei“ bereits im Rahmen der Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen“ und des gleichnamigen Landesbündnisses sowie des „Bündnisses zur Stärkung der beruflichen Ausbildung und des Fachkräftenachwuchses“ (Ausbildungsbündnis). Unser Ministerium koordiniert die Landesinitiative und das Landesbündnis, dem inzwischen 67 Partnerorganisationen angehören. Wir setzen uns für eine systematische Zusammenarbeit aller Akteure entlang der MINT-Bildungskette ein. Über 40 Fördermaßnahmen und Programme der Bündnispartner werden jährlich in einem gemeinsamen Aktionsprogramm gebündelt und vernetzt.
Unser Ministerium unterstützt außerdem den jährlich im April durchgeführten Girls’ Day – Boys‘ Day und ist im Lenkungsausschuss Girls‘ Day – Boys‘ Day sowie im Lenkungsausschuss Girls‘ Day Akademien vertreten. Im Wechsel mit anderen Landesministerien übernehmen wir die jährliche Schirmherrschaft für den Girls‘ Day und den Boys‘ Day in Baden-Württemberg. Die Girls' Day Akademien (kurz: GDA) bieten seit 2008 eine vertiefte Berufsorientierung für Schülerinnen, die von Schule, Berufsberatung und Unternehmen gemeinsam gestaltet wird. Die Landesinitiative unterstützt seit langem den weiteren regionalen Ausbau von Girls' Day Akademien.
Welche Erfolge haben Sie bisher mit Ihrer Arbeit erreicht?
In den zwölf Jahren seit Bestehen des Landesbündnisses „Frauen in MINT-Berufen“ konnten zahlreiche Fortschritte für Frauen in MINT-Berufen erzielt werden. So stieg der Anteil der Studienanfängerinnen in den MINT-Studienfächern in Baden-Württemberg seit 2011 um fünf Prozentpunkte von rund 27 Prozent auf 32 Prozent an.
Die Zahl der erwerbstätigen Frauen in MINT-Berufen ist in Baden-Württemberg zwischen 2012 und 2021 von 213.000 auf 304.000 Personen und damit um mehr als 42 Prozentpunkte angestiegen. Im Teilbereich Informatik entwickelte sich die Zahl der erwerbstätigen Frauen besonders dynamisch und nahm in diesem Zeitraum sogar von 16.000 auf 36.000 zu. Das entspricht einem Zuwachs um 125 Prozentpunkte. Und es ist gelungen, ein breites Bündnis zu schmieden, in dem alle Beteiligten an einem Strang ziehen und aktiv dazu beitragen, dass außerschulische Maßnahmen entlang der MINT-Bildungskette klischeefrei und geschlechtersensibel gestaltet werden.