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16.06.2021

„Wir setzen uns dafür ein, dass Geschlechterklischees in der Studienwahl hinterfragt werden“

Die Hochschule Heilbronn geht das Problem der Geschlechterklischees in der Studienwahl aktiv an. Prof. Dr. Ruth Fleuchaus, Prorektorin für Internationales und Diversität, spricht im Interview über die Motivation und die Maßnahmen der Hochschule.

„Wir setzen uns dafür ein, dass Geschlechterklischees in der Studienwahl hinterfragt werden“

Frau Professorin Fleuchaus, können Sie die Hochschule Heilbronn kurz vorstellen?

Mit rund 8.500 Studierenden ist die Hochschule Heilbronn (HHN) eine der größten Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Baden-Württemberg. An drei Standorten bietet die Hochschule mehr als 50 zukunftsorientierte Bachelor- und Masterstudiengänge in den Bereichen Technik, Wirtschaft und Informatik an. Wir legen Wert darauf, unseren Studierenden ein Studium in einer familiären Atmosphäre zu ermöglichen – ohne überfüllte Hörsäle. Bei uns kann sowohl in Vollzeit als auch berufsbegleitend oder in Verbindung mit einer Berufsausbildung studiert werden.

Ein zukunftsorientiertes Studium wird auch ermöglicht, da wir an der HHN über Fachgrenzen hinweg an gesellschaftsrelevanten Themen forschen. Wir pflegen zudem enge Kooperationen zu weltweit führenden Unternehmen in der Region, von denen unsere Studierenden profitieren. Gleichzeitig wird „Internationalität“ bei uns großgeschrieben. Wir haben ein globales Netzwerk von rund 200 Partnerhochschulen und freuen uns über Austauschstudierende aus der ganzen Welt, ebenso wie über internationale Studierende, die sich für ein Studium bei uns entscheiden.

Was hat Sie motiviert, der Initiative Klischeefrei beizutreten?

Chancengleichheit und die Überwindung von stereotypen Rollenbildern ist uns wichtig. Die Wertschätzung von Vielfalt zählt zu den Grundwerten der Hochschule Heilbronn. Wir sind davon überzeugt, dass wir nur dann erfolgreich sind, wenn alle ihre Potenziale frei entfalten können. Gleichzeitig wissen wir, dass gerade die Wahl der Studienfächer noch stark von Geschlechter-stereotypen geprägt ist. Trotz einer Steigerung des Studentinnenanteils in den vergangenen Jahren, beobachten wir einen großen Unterschied im Geschlechterverhältnis zwischen den Fachgebieten. Hier wollen wir uns weiter engagieren, damit die Studien- und Berufswahl nicht durch Klischees bestimmt wird.

Die Initiative Klischeefrei bietet dafür ein hervorragendes Angebot, sich zu vernetzen. Das finden wir großartig. Gleichzeitig wollen wir durch den Beitritt deutlich machen, dass wir als Hochschule für Klischeefreiheit eintreten.

Auf welche Weise setzen Sie sich für eine geschlechtersensible Berufs- und Studienorientierung ein?

Wir setzen uns schon lange dafür ein, dass Geschlechterklischees in der Studienwahl hinterfragt werden. Und das auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Im vergangenen Jahr haben wir eine Fachstelle „klischeefreie Studienfachwahl“ im Rahmen eines Projekts an der Hochschule eingerichtet. Sie hat zur Aufgabe, unsere bisherigen Aktivitäten zu bündeln, zu koordinieren und weiter auszubauen.

Als Hochschule mit einem Schwerpunkt in Technik und IT sind wir zum Beispiel Mitglied in anderen Bundes- und Landesinitiativen, die Mädchen und Frauen in MINT-Berufen stärken. Wir beteiligen uns mit unterschiedlichen Angeboten am landesweiten Girls'Day und versuchen mit weiteren Angeboten für Mädchen, diese an unsere Studiengänge in IT und Technik heranzuführen. Wir vernetzen uns hierzu auch in der Region, um gemeinsam mit anderen Partnern in der MINT-Bildung aktiv zu sein. Viele unserer Professorinnen treten als Rollenmodelle für ihre Berufsfelder ein. Auch im Bereich der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung unterstützen wir durch verschiedene Angebote gezielt Frauen in ihrer wissenschaftlichen Laufbahn.

Unsere Forschungsprofessorin für Sozioinformatik Frau Nicola Marsden forscht zudem im Themenfeld „Gender und Informatik“. Sie hat dieses Jahr im Verbund mit anderen regionalen Akteur*innen im Rahmen einer BMBF Förderung das Projekt „MAKEitREAL“ gestartet. Im Fokus steht dabei die Unterstützung junger Mädchen mit Migrationshintergrund. Für diese soll in den nächsten drei Jahren ein mobiler Makerspace aufgebaut werden, der sie in den MINT-Bereichen fördern soll.

Eine geschlechtersensible Studienorientierung bedeutet für uns aber auch, in alle Richtungen Klischeefreiheit zu unterstützen. Zum Beispiel hat sich in diesem Jahr unser Studiengang „Sozialmanagement“ mit einem Angebot am Boys‘Day beteiligt.

Welche Erfolge haben Sie bisher mit Ihrer Arbeit erreicht?

In den vergangenen Jahren konnten wir einen langsamen Aufwärtstrend der Studentinnenanteile in Technik und Informatik beobachten. Diesen Trend möchten wir natürlich weiter bestärken. Dasselbe gilt für die Zahl an Professorinnen und wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen bei uns an der Hochschule.

Diversity Management ist uns allgemein sehr wichtig und wird als Leitungsaufgabe verstanden. Im Jahr 2015 haben wir hier eine Stabstelle geschaffen und die Senatskommission für Gleichstellung und Diversität eingerichtet. Die oben erwähnten, vielfältigen Maßnahmen und unser hochschulweit geteiltes Verständnis für Klischeefreiheit in der Berufswelt stimmen mich sehr zuversichtlich, dass wir auf einem richtigen Weg sind.