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05.09.2017

Gender Gap in der Ausbildung

Ausbildungsreport 2017: Frauen häufiger unzufrieden als Männer

Der aktuelle Ausbildungsreport der DGB Jugend hat sich 2017 mit der Qualität der Ausbildung an Berufsschulen befasst. Über 12.000 Auszubildende aus den häufigsten Ausbildungsberufen wurden zu ihren Ausbildungsbedingungen befragt. Ein Ergebnis der Studie: Weibliche Azubis sind aufgrund geschlechtsspezifischer Unterschiede in der Ausbildung benachteiligt.

klischeefrei: Ausschnitt des Titelbilds zum Ausbildungsreport 2017

Die Benachteiligungen weiblicher Auszubildender sind dabei laut der Studie weniger auf individuelle Diskriminierungen am Arbeitsplatz zurückzuführen, sondern vielmehr strukturell bedingt. Als Gründe werden starke Qualitätsunterschiede in der Ausbildung in unterschiedlichen Berufsfeldern sowie geschlechtsspezifisches Berufswahlverhalten genannt. So ergreifen Frauen überdurchschnittlich oft tendenziell schlechter bewertete Berufe, selbst dann, wenn diese sie gar nicht interessieren.

Zur Berufswahl vorbei an den tatsächlichen individuellen Interessen kommt die strukturelle Benachteiligung durch die geschlechtsspezifische Segregation der Berufsfelder in männlich geprägte (ein Großteil der handwerklichen und technischen Ausbildungsberufe) und weiblich geprägte (vor allem der Dienstleistungsbereich): Wie die Studie zeigt, gibt es auch bei der Ausbildungsvergütung einen Gender Pay Gap, dieser beträgt 17 Prozent. Zudem müssen Azubis in weiblich dominierten Ausbildungsberufen häufiger über 40 Stunden in der Woche arbeiten; sie erhalten seltener einen Ausgleich für Überstunden und haben öfter Probleme, sich vom beruflichen Arbeitsalltag zu erholen.

Derartige strukturelle Benachteiligungen im Bereich der von Frauen überwiegend gewählten Ausbildungsberufe schlagen sich auch in der Gesamtzufriedenheit der Azubis nieder: So lag der Anteil der „zufriedenen“ und „sehr zufriedenen“ Azubis in den männlich dominierten Ausbildungen mit rund 76 Prozent deutlich über dem der weiblich dominierten Berufe (rund 65 Prozent).

Wunschberuf oder nur Notlösung?

Viele der weiblich dominierten Ausbildungsberufe, die bei jungen Frauen vermeintlich beliebt sind, wie zum Beispiel Zahnmedizinische Fachangestellte oder Fachverkäuferin, wurden von den Befragten deutlich seltener als „Wunschberuf“ bezeichnet (29,3 Prozent gegenüber 40,9 Prozent bei den männlich dominierten Berufen), stattdessen jedoch etwa doppelt so häufig als „Notlösung“ ergriffen (8,7 Prozent gegenüber 4,5 Prozent bei den männlich dominierten Berufen).

Dabei ist die Wahl des richtigen Berufes eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Ausbildungsverlauf und beugt Ausbildungsabbrüchen vor. Die Gewerkschaftsjugend fordert daher schon frühzeitig Maßnahmen einer Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen vorzunehmen, die auch die Wirkung von Geschlechterklischees thematisiert. Weiterhin seien gendersensible Fort- und Weiterbildungen der Berufsberaterinnen und -berater nötig, um Jugendliche zu unterstützen, bestehende stereotype Berufs- und Rollenbilder kritisch zu reflektieren und sich mit verschiedenen Berufsfeldern auch in Hinblick auf Einkommen und Aufstiegsmöglichkeiten auseinanderzusetzen.

Klischeefreie Berufsorientierung 

Ziel dieser Maßnahmen soll sein, das Berufswahlspektrum von Frauen und Männern zu erweitern. Die Gewerkschaftsjugend hält aber auch ein "Umdenken seitens der Betriebe bei ihrem Einstellungsverhalten" und ihren betrieblichen Strukturen für notwendig. Zudem sollen Ausbildungsbedingungen und Beschäftigungsperspektiven vor allem in den Frauendomänen Gesundheit, Erziehung und Soziales verbessert sowie die weiblich dominierten Berufe gesellschaftlich wie materiell aufgewertet werden.