Automechanikerin und Kindergärtner: Initiative wirbt für klischeefreie Berufswahl
Deutschlandfunk | Campus & Karriere | 3.7.2019
Frauen die Autos reparieren oder Männer die im Pflegeheim arbeiten, beides immer noch eher die Ausnahme. Experten sagen, das liegt daran dass Kinder und Jugendliche immer noch zu sehr auf klassisch weibliche oder männliche Berufe geprägt werden, obwohl es seit fast 20 Jahren Initiativen wie den Girls'Day gibt, bei dem Mädchen in Jungs-Berufe reinschnuppern.
Interview mit Miguel Diaz, Leiter der Servicestelle der Initiative Klischeefrei im Deutschlandfunk-Magazin CAMPUS & KARRIERE
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[Deutschlandfunk Campus und Karriere] Frauen die Autos reparieren oder Männer die im Pflegeheim arbeiten, beides immer noch eher die Ausnahme. Experten sagen, das liegt daran dass Kinder und Jugendliche immer noch zu sehr auf klassisch weibliche oder männliche Berufe geprägt werden, obwohl es seit fast 20 Jahren Initiativen wie den Girls'Day gibt, bei dem Mädchen in Jungs-Berufe reinschnuppern. Mittlerweile gibt es aber so viel Infomaterial und Initiativen zu dem Thema, dass die mal auf einer Seite gesammelt werden sollten. Die Website heißt klischee-frei.de, die ist jetzt neu dazu gibt und Sören Brinkmann hat mit den Initiatoren der Seite gesprochen.
„Wir wollen, dass sich die Geschlechter einigermaßen ausgewogen auf alle Berufe verteilen, weil wir davon ausgehen, dass die Fähigkeiten und Potenziale auch sich nicht zwischen Geschlechtern sondern zwischen Individuuen unterscheiden – und das sollte sich dann dementsprechend auf dem Arbeitsmarkt und Ausbildungsmarkt dann auch widerspiegeln.“ [Miguel Diaz]
[Sören Brinkmann] Miguel Diaz ist Mitinitiator des Projekts Klischeefrei. Bisher sei nur in einem von zehn Berufen das Zahlenverhältnis zwischen Männern und Frauen mehr oder weniger ausgeglichen. Immer noch dominierten bei der Berufs- und Studienwahl die klassischen Rollenbilder.
Hast du schon einen Berufswunsch? Denkst du dabei auch an Berufe, in denen meistens Männer arbeiten, wie zum Beispiel Kfz-Mechatroniker oder Informatiker? Kannst du dir auch vorstellen, etwas ganz anderes zu machen?
[Sören Brinkmann] Mit Aktionen zum bundesweiten Boys- und Girls'Day versucht Klischeefrei geschlechterübergreifend und praxisnah über Berufe zu informieren: Der Boys'Day bietet dir die Gelegenheit, Berufe näher kennenzulernen und herauszufinden was zu dir passt.
[Sören Brinkmann] Außerdem hat die Initiative seit ihrer Gründung vor zweieinhalb Jahren Kooperationen aufgebaut mit inzwischen rund 170 Partnerorganisationen, darunter Stadtverwaltungen, die großen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände sowie Schulen und Hochschulen.
[Sören Brinkmann] Eine davon ist die Uni Paderborn, an der besonders viele sogenannte MINT-Fächer angeboten werden – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Gerade hier sei noch viel zu tun, bis diese Fächer auch für Frauen selbstverständlich werden, meint Franziska Pestel: „Es gibt im Grundschulalter so einen Test, wo die Kinder Wissenschaftler zeichnen, und die zeichnen alle Einstein. Also die zeichnen zu über 90 Prozent einen verrückten alten Mann mit weißen Haaren der einen Kittel an hat – und die aller aller aller wenigsten malen eine Frau.“
[Sören Brinkmann] Franziska Pestel leitet an der Uni Paderborn das Programm „Frauen gestalten die Informationsgesellschaft“. Sie organisiert regelmäßig Probevorlesungen für junge Frauen, die sich über MINT-Fächer informieren wollen. Dabei gibt es auch eine Art Speed-Dating, um weibliche Vorbilder in typischen Männerberufen kennenzulernen. Doch bei der Frage nach dem Erfolg solcher Programme wirkt Franziska Pestel ernüchtert: „Es ist ein sehr mühsamer Prozess. Es ist vor allen Dingen mühsam als einzelne Hochschule. Alle sind sich eigentlich einig, es geht zu langsam, da muss eigentlich viel mehr passieren. Das sind dann so einzelne Prozentpunkte, die dann nach oben gehen, das ist zu wenig.“
[Sören Brinkmann] Die Fakultät für Maschinenbau an der Uni Paderborn. Auf Plakaten von Forschungsprojekten und auf den Fluren ist es augenfällig: Männer sind in der absoluten Überzahl. Nur 14 Prozent der Studierenden sind hier weiblich. Und eine Trendwende lassen sich nicht erkennen, stellt Markus Anneken fest, der in der Fachschaft aktiv ist: „Der Frauenanteil ist halt wirklich noch gering. Was natürlich zu sagen ist, dass der Frauenanteil im Bachelorbereich am geringsten ist und der sich dann über Master zu wissenschaftlichen Mitarbeitern auf jeden Fall steigert.“ immerhin: die wenigen weiblichen Studentinnen halten im MINT-Bereich besser durch als ihre männlichen Kommilitonen.
[Sören Brinkmann] Bis eines Tages eine klischeefreie Berufs- und Studienwahl Wirklichkeit wird, brauche man aber einen langen Atem, sagt Miguel Diaz – und noch mehr Kooperation. Dabei soll ein neues Portal helfen in dem Arbeitsmaterialien, Studien oder Infobroschüren und Videos zusammengefasst sind:
„An vielen Punkten muss man ganz klar sagen, das Rad muss nicht neu erfunden werden. Es ist vieles an pädagogischen Materialien da, es gibt tolle Anregungen. Wir stellen vieles, was andere entwickelt haben bei uns auf die Webseite ein und das findet man dann natürlich mit der Infothek. Das ist ja sozusagen ein Schlagwortregister, wo man dann bestimmte Schlagworte eingeben kann, findet dann das entsprechende Material und, ganz wichtig, auch gute Beispiele.“ [Miguel Diaz]
[Sören Brinkmann] Lesegeschichten für Kitas, in denen naturwissenschaftliche Alltagsphänomene erklärt werden, Videos in denen Männer ihre Arbeit zum Beispiel im Pflegebereich vorstellen oder auch Infomaterialien für Lehrerinnen und Lehrer.
„Wie führe ich einen Elternabend zu dem Thema durch, wie kann ich im Kollegium dafür sensibilisieren. Es braucht Ideen.“ [Miguel Diaz]
[Sören Brinkmann] So soll das Thema klischeefreie Berufswahl in allen Bildungsbereichen noch besser in den Fokus gerückt werden, sagt Miguel Diaz – von der Kita bis zur Hochschule oder zum Unternehmen.