Warum lohnt sich klischeefreie Berufs- und Studienwahl?
Wer Kinder bittet, Menschen zu malen, die einen bestimmten Beruf ausüben, merkt schnell, wie Geschlechterklischees schon fest in ihrer Vorstellungswelt verankert sind. Eine Person, die etwas baut oder repariert, ist ein Mann. Eine Person, die sich um alte Menschen oder kleine Kinder kümmert, ist eine Frau. Bereits Dreijährige haben diese Rollenbilder verinnerlicht.
Doch wie ist das genau mit unseren Fähigkeiten und Fertigkeiten? Sind Frauen wirklich besser für helfende Berufe geeignet als Männer? Und haben Männer ein besseres technisches Verständnis oder handwerkliches Geschick? Studien zeigen: Begabungen sind individuell, Fertigkeiten werden auf ihrer Basis erlernt. Das Geschlecht spielt dabei keine Rolle. Übung hingegen schon.
Wer als Kind also viel mit Lego baut – egal, ob Junge oder Mädchen – übt automatisch das räumliche Denken und das Konstruieren. Die Fähigkeit, auf andere einzugehen und sich zu kümmern ist allen Menschen unabhängig vom Geschlecht gegeben. Wer als Kind in empathischem Verhalten bestärkt wird, übt und stärkt dies und kann im Erwachsenenalter ebenfalls gut auf andere eingehen, unabhängig vom Geschlecht.
Die Berufs- und Studienwahl erfolgt im Besten Fall nach individuellen Fähigkeiten, Fertigkeiten, Interessen und Erfahrungen. Geschlechterklischees spielen häufig in die Entscheidung hinein: „Ich würde mich gerne um alte Menschen kümmern. Aber Altenpfleger ist doch kein Beruf für einen Mann.“ „Ich würde gerne ein Handwerk erlernen. Aber das ist ja eigentlich nichts für Frauen.“ Solches Denken schränkt das Spektrum der Möglichkeiten ein. So ist es zu erklären, dass es nach wie vor viele Berufe gibt, die entweder von Frauen oder von Männern dominiert werden.
In vielen handwerklich-technischen Berufen lieg der Frauenanteil unter 10 Prozent. In den meisten Berufen der Pflege und Erziehung finden sich dagegen überwiegend Frauen. Frauen und Männer gehen auf dem Arbeitsmarkt also getrennte Wege. Der Beruf ist dabei Teil der eigenen geschlechtlichen Identität. Deshalb ist es für eine wirklich freie Berufs- und Studienwahl von enormer Bedeutung, Berufe und Geschlecht zu entkoppeln.
Klischees tragen dazu bei, dass Potenziale verschenkt werden und Menschen mit ihrer Berufswahl nicht zufrieden sind. Wer Freude daran hat, sich um Kranke zu kümmern oder Wände zu verputzen, ist gut in seinem Beruf, ganz unabhängig vom Geschlecht. Von Frauen dominierte Berufe sind zudem meist schlechter bezahlt.
Von mehr Klischeefreiheit profitieren letztlich alle: Junge Menschen bekommen die Möglichkeit, sich mit ihren Fähigkeiten weiterzuentwickeln und dadurch Zufriedenheit und Selbstwirksamkeit zu erfahren. Betriebe bekommen motivierte Mitarbeitende, die durch ihre unterschiedlichen Perspektiven zum Erfolg beitragen. Sie erhalten die Möglichkeit, dem Fachkräftemangel etwas entgegenzusetzen, der besonders in Berufen ausgeprägt ist, die zahlenmäßig von einem Geschlecht dominiert werden.
Auf den folgenden Seiten sehen wir genauer hin und legen dar, warum sich eine klischeefreie Berufs- und Studienwahl lohnt – für alle.