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10.12.2025

Klischeefreie Berufsorientierung wird immer wichtiger

Bildungsberichte analysieren aktuelle Herausforderungen des Ausbildungsmarkts | Schwerpunkt „Einwanderungsgesellschaft“ | Deutlicher Rückgang beim Angebot an Ausbildungsplätzen

Die Berufsbildungsberichterstattung des Bundesbildungsministeriums und des Bundesinstituts für Berufsbildung liefert alljährlich eine fundierte Analyse des Ausbildungsmarkts. Was kann eine klischeefreie Berufsorientierung angesichts der beschriebenen Herausforderungen leisten?

Klischeefreie Berufsorientierung wird immer wichtiger

Die Ausbildungsbilanz 2024 zeigt eine ernüchternde Entwicklung: Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge stagniert, während das duale Ausbildungsangebot zunehmend knapper wird – bei gleichzeitigem Anstieg der Nachfrage. Aktuelle Zahlen aus der Erhebung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zur Entwicklung des Ausbildungsmarktes im Jahr 2025 ergänzen das Bild: Im Vergleich zu 2024, dem Berichtsjahr des Berufsbildungsberichts, gab es 2025 rund 25.300 Ausbildungsplätze weniger. Die Nachfrage nach einem Ausbildungsplatz stieg 2025 gegenüber dem Vorjahr leicht an. Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze nahm ab, dennoch blieben 15.000 Stellen unbesetzt – bei 84.400 jungen Menschen, die noch einen Ausbildungsplatz suchen.

Eine der größten Herausforderungen bleibt also, Angebot und Nachfrage besser in Einklang zu bringen. Laut BIBB-Datenreport erhalten 35 Prozent der Ausbildungsbetriebe entweder keine oder aus ihrer Sicht viele ungeeignete Bewerbungen. Zudem sind 13 Prozent der Betriebe vom Phänomen „Azubi-Ghosting“ betroffen. Auf der anderen Seite lösen 14 Prozent der Auszubildenden sowie 12 Prozent der Betriebe Verträge vorzeitig auf. Ein Grund für diese Phänomene ist eine unzureichende Berufsorientierung, die es jungen Menschen erschwert, die für sie passende Berufswahl zu treffen.

„Passend“ bedeutet für viele auch: zum eigenen Geschlecht passend. Dieses oft unbewusste Empfinden engt die Auswahl an Berufen ein und trägt zur Geschlechtersegregation auf dem Arbeitsmarkt bei.

Der BIBB-Datenreport belegt die deutlichen Geschlechterunterschiede bei Berufswahl und Ausbildungswegen. Frauen gehen häufiger als Männer den schulischen als den dualen Berufsweg, insbesondere in den Bereichen des Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesens.

Im dualen System sind nur 36,3 Prozent der Auszubildenden Frauen. Ihr Anteil ist gegenüber dem Berichtsjahr 2023 stabil geblieben. Viele junge Männer und junge Frauen konzentrieren sich immer noch auf zu wenige Berufe. So wählen 71,5 Prozent aller Ausbildungsanfängerinnen und 63 Prozent der Ausbildungsanfänger aus nur 25 Ausbildungsberufen, so der Berufsbildungsbericht. Die Spitzenreiter sind 2024 bei Frauen Kauffrau für Büromanagement, Zahnmedizinische Fachangestellte, Medizinische Fachangestellte und bei Männern Kfz-Mechatroniker, Fachinformatiker, Elektroniker.

Geschlechterunterschiede gibt es auch bei den Vertragslösungen. Im Gesamtdurchschnitt ist die Quote von Frauen (30,1 Prozent) nur minimal höher als die von Männern (29,5 Prozent). Anders sieht dies aus, nimmt man die jeweiligen Berufsbereiche in Blick. So fällt auf, dass die höheren Lösungsquoten von Frauen insbesondere in den Berufen zu beobachten sind, wo der Frauenanteil besonders niedrig ist. Umgekehrt sind die Lösungsquoten von Männern dort hoch, wo der Männeranteil vergleichsweise gering war.

Unterschiede zeigen sich auch in den Lösungen bei den Verträgen der Auszubildenden mit deutscher und ausländischer Staatsangehörigkeit: Auszubildende ohne deutsche Staatsangehörigkeit haben in allen Berufsfeldern höhere Lösungsquoten als deutsche Auszubildende (39,5 Prozent versus 28,4 Prozent). Die Gründe hierfür sind vielfältig, doch eine effiziente Berufsorientierung könnte auch hier zu nachhaltigeren Berufswahlentscheidungen führen.

Im Berufsbildungsbericht des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ) wird unter anderem die Initiative Klischeefrei unter „Berufsbildungspolitische Aktivitäten der Bundesregierung, Aktivitäten und Programme“ aufgeführt. Der Bericht stellt fest:

Eine klischeefreie und geschlechtersensible Berufsorientierung sowie Personalentwicklung bleiben […] wichtig, um die Chancengleichheit von Frauen und Männern im Berufsleben, aber auch die Fachkräftesicherung zu erreichen.

„Eine klischeefreie und geschlechtersensible Berufsorientierung sowie Personalentwicklung bleiben […] wichtig, um die Chancengleichheit von Frauen und Männern im Berufsleben, aber auch die Fachkräftesicherung zu erreichen.“

Wie Zugänge, Teilhabe und Integration von Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte bei der Berufsorientierung und der Berufsausbildung aussehen, dazu informiert der BIBB-Datenreport in seinem Schwerpunktkapitel „Einwanderungsgesellschaft“ ausführlich.

Den Berufsbildungsbericht 2025 sowie den BIBB-Datenreport mit dem Schwerpunkt Einwanderungsgesellschaft finden Sie in unserer Infothek.