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„Oft brauchen wir alle einfach nur mehr Vorbilder“

Technisches Hilfswerk ist Klischeefrei-Partnerorganisation | Interview mit Präsidentin Sabine Lackner

Das Technische Hilfswerk (THW) kennen viele aus dem Fernsehen: Mit schwerem Gerät helfen Ehrenamtliche weltweit in Katastrophengebieten und auch an der Ahr 2021. Im Interview spricht Präsidentin Sabine Lackner über Frauen im Ehrenamt, Vielfalt im Beruf und ihre Vision einer klischeefreien Arbeitswelt.

„Oft brauchen wir alle einfach nur mehr Vorbilder“

Frau Präsidentin, können Sie das Technische Hilfswerk bitte kurz vorstellen?

Das Technische Hilfswerk ist die Einsatzorganisation des Bundes für Bevölkerungs- und Zivilschutz. Basis sind die mehr als 85.000 Ehrenamtlichen, die als Helferinnen und Helfer jederzeit bereit sind, in Deutschland und weltweit zu helfen. Etwa 16 Prozent davon sind weiblich. Rund 2.000 Menschen arbeiten hauptberuflich dafür, dass die Ehrenamtlichen ihre Aufgaben erfüllen können. Im Hauptamt ist der Frauenanteil bereits deutlich höher, er liegt bei mehr als 40 Prozent.

Was hat Sie motiviert, der Initiative Klischeefrei beizutreten?

Im THW sind alle Menschen willkommen. Das ist auch in den Leitsätzen des THW verankert. Menschen dabei zu unterstützen, sich ohne Druck und frei von Klischees und Vorurteilen für den Beruf zu entscheiden, den sie wirklich machen wollen, ist für uns selbstverständlich. Das wollen wir mit dem Beitritt zur Initiative noch einmal mehr verdeutlichen. Die Initiative unterstützt uns dabei, auch subtile Formen der Diskriminierung, ganz sicher ungewollt und unbeabsichtigt, z.B. in Stellenausschreibungen zu entdecken und künftig zu vermeiden.

Auf welche Weise setzen Sie sich für eine geschlechtersensible Berufs- und Studienorientierung ein? 

Wir ermuntern alle Menschen dazu, ins THW zu kommen. Ob ehrenamtlich oder im Beruf. Wer engagiert ist und anderen helfen will, ist bei uns immer willkommen. Unabhängig von der Herkunft oder davon, welchem Geschlecht sich jemand zuordnet oder ob sich ein Mensch auch gar nicht festlegen will. In unserer Außendarstellung achten wir deshalb darauf, ein möglichst vielfältiges Bild der Ehrenamtlichen zu vermitteln. Auch, dass das THW mit mir nun eine Frau an der Spitze hat, kann dazu beitragen, dass junge Frauen sich eher zutrauen, einen Beruf in einem technischen Umfeld zu wählen. Oft brauchen wir alle einfach nur mehr Vorbilder. Wir verdeutlichen dies auch nach außen, indem wir unsere Liegenschaften seit diesem Jahr zu "Tagen der Aufmerksamkeit" (z.B. CSD) mit der Regenbogenflagge beflaggen.

Eine Arbeits-Welt ohne Geschlechterklischees – wie sähe die für Sie aus? 

In einer idealen Arbeitswelt gibt es weder Sexismus noch Diskriminierung, sondern ganz selbstverständlich Chancengerechtigkeit für alle. Außerdem gleiche Anerkennung für gleiche Arbeit. Dann gibt es ganz viel Flexibilität, um Beruf, Familie und Ehrenamt besser vereinbaren zu können. Davon profitieren alle: Arbeitgebende, die diese Kriterien erfüllen, sind attraktiver für gute Bewerberinnen und Bewerber. Menschen, die sich wohlfühlen und ernstgenommen werden, können ihr ganzes Potenzial entfalten - und bleiben einer Organisation wie dem THW lange treu.

Das THW arbeitet seit Jahren daran, dieser idealen Arbeitswelt konsequent näherzukommen. Wir veranstalten zum Beispiel Empowerment-Workshops speziell für Helferinnen und Initiativen zur Stärkung von Frauen in Führungspositionen. Als Bundesorganisation haben wir einen Gleichstellungsplan aufgestellt, den wir zunehmend ambitionierter ausgestalten werden. Schon 2010 hat das THW außerdem die Charta der Vielfalt unterzeichnet. Damit haben wir unser Bekenntnis zu Vielfalt, Toleranz und Wertschätzung in der Arbeitswelt öffentlich gemacht und wollen daran gemessen werden.