07.03.2025
Equal Pay Day: Gender Pay Gap von 18 auf 16 Prozent gesunken
Berufswahl ist eine Ursache für den Verdienstunterschied
Frauen haben im Jahr 2023 pro Stunde 18 Prozent weniger verdient als Männer. Der Equal Pay Day fällt deshalb in diesem Jahr auf den 7. März. 2024 sank die Gehaltslücke auf 16 Prozent, ein Rückgang so stark wie noch nie. Eine positive Entwicklung, jedoch kein Grund sich entspannt zurückzulehnen.

Von 2023 auf 2024 verkleinerte sich die Gehaltslücke zwischen Frauen und Männern so stark wie noch nie. Dies teilte das Statistische Bundesamt im Februar mit. Der Equal Pay Day 2026 wird daher bereits am 27. Februar stattfinden, denn das Datum wird anhand der jährlich im Frühjahr publizierten Zahlen für das darauf folgende Jahr festgelegt.
Die kleiner gewordene Lücke ist eine positive Entwicklung hin zu mehr Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt – jedoch noch kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen. Denn es gibt nach wie vor große Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland (Gender Pay Gap 2024: 17 Prozent West versus 5 Prozent Ost), sogar zwischen einzelnen Bundesländern. Und Studien belegen, dass längst nicht die ganze Bevölkerung der im Grundgesetz garantierten Gleichberechtigung der Geschlechter in jeder Konsequenz – zum Beispiel einer gleichwertigen Teilhabe am Arbeitsmarkt – positiv gegenüber steht.
Ursachen
Die Gründe für die Gehaltslücke zwischen den Geschlechtern sind hinlänglich bekannt:
- horizontale Segregation des Arbeitsmarktes: Frauen und Männer verteilen sich auf unterschiedliche Branchen und Berufe. Während viele Männer sich für Berufe und Studiengänge im handwerklich-gewerblich-technischen Bereich mit guten Karriereoptionen entscheiden, neigen Frauen häufiger zu Berufen aus den Bereichen der personenbezogenen und sozialen Dienstleistungen, also Gesundheit-Erziehung-Bildung, die weniger Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten bieten und häufig geringer entlohnt werden.
- vertikale Segregation: Leitungs- und Entscheidungspositionen sind häufiger mit Männern als mit Frauen besetzt.
- Care-Arbeit: Frauen unterbrechen deutlich häufiger und über einen längeren Zeitraum als Männer ihre Erwerbstätigkeit, um sich um Kinder oder Pflegebedürftige zu kümmern. Rund 50 Prozent der Frauen arbeiten in Teilzeit. Sorgeverantwortung ist der Hauptgrund für die Reduzierung der Arbeitszeit, die mit Gehaltseinbußen und geringeren Karrierechancen einher geht.
- Geschlechterstereotype Bewertung von Berufen: Berufe mit einem hohen Frauenanteil werden nach wie vor unterbewertet, die Entlohnung spiegelt nicht den gesellschaftlichen Wert der Tätigkeiten wider. Während der Pandemie galten viele dieser Berufe zwar als „systemrelevant“, dies führte aber nicht zu einer generellen Aufwertung der Tätigkeiten, weder finanziell noch in Bezug auf das Image vieler dieser Berufe.
- Fehlende Gehaltstransparenz: Frauen neigen dazu, ihre eigene Leistung geringer zu bewerten als Männer. Auch hier wirken tief verankerte gesellschaftliche Stereotype, siehe oben. Mehr Transparenz würde die Vergleichbarkeit vereinfachen und ungerechte Strukturen aufdecken.
Berufswahl ist wichtig – und die Aufwertung von weiblich dominierten Berufen
Frauen verdienten 2024 durchschnittlich 22,24 Euro pro Stunde, Männer 26,34 Euro. Die positive Entwicklung der Stundenlöhne und -gehälter 2023 bis 2024 geht laut Statistischem Bundesamt darauf zurück, dass die Bruttomonatsgehälter von Frauen um rund 8 Prozent stiegen, die der Männer nur um 5 Prozent. Frauen verdienten demnach im Durchschnitt 2.851 Euro, Männer 4.078 Euro brutto.
Rund 63 Prozent des Verdienstunterschieds lassen sich durch die Berufswahl, den Beschäftigungsumfang und das Anforderungsniveau der Tätigkeiten erklären. Auf die Wahl eines Berufs mit geringerem Einkommen entfielen 2023 rund ein Fünftel der Entgeltlücke, 2024 waren es noch 21 Prozent. Die Berufswahl hat damit den größten Einfluss auf den Verdienst, noch mehr als der Stundenumfang. Dieser Faktor erklärt 19 Prozent der Lücke. Nicht erklärbar sind laut Statistischem Bundesamt 37 Prozent der Verdienstlücke. Sie entsprechen dem sogenannten bereinigten Gender Pay Gap, der wie in den Vorjahren bei 6 Prozent liegt.
Wächst sich der Gender Pay Gap aus?
Studien zeigen in Bezug auf Geschlechterrollen ein durchwachsenes Bild. Einerseits gleichen sich die Rollenverständnisse von Frauen und Männern an, individuelle Eigenschaften und Vorlieben wird bei Lebensentscheidungen ein größeres Gewicht beigemessen, dem Geschlecht ein geringeres als noch vor wenigen Jahrzehnten. Die Gesellschaft wird moderner. Frauen haben tendenziell gleichberechtigtere Vorstellungen als Männer.
Andererseits ergab eine Untersuchung des Bundesforums Männer zu den Einstellungen von 18- bis 29-jährigen Männern große Unterschiede in den Einstellungen. Von „einer“ Generation kann der Studie zufolge nicht die Rede sein. Das Spektrum der Haltungen reicht von „postmodernen Identitäten“ bis hin zu „maskulinistisch-faschistoiden“. Grob zusammengefasst: Ein Teil der Männer unterstützt und fördert Gleichberechtigung und gleichwertige Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt, ein Teil zeigt sich wenig unterstützend, ist aber auch nicht dagegen eingestellt und ein anderer Teil lehnt Gleichberechtigung grundlegend ab und wünscht sich eine Gesellschaft mit einer traditionellen Rollenverteilung.
Geschlechterklischees sind sehr tief verankert und weichen nur langsam auf. Weitere Aufklärungsarbeit über Klischees bleibt also wichtig und notwendig, nicht nur für gleichwertige Bezahlung, sondern auch insgesamt für Chancengerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Klischees werden – oft unbewusst – reproduziert, sei es durch die Aufgabenteilung zu Hause, in Marketing und Werbung oder in den Medien. Die Initiative Klischeefrei setzt deshalb mit ihren Materialien und Angeboten schon in der Kita an. Ein wachsendes Netzwerk unterstützt die Ziele der Initiative in allen Bereichen der Gesellschaft.