27.07.2021
„Für uns ist es logisch, bei der Initiative Klischeefrei mitzumachen!"
Interview mit der ASB Lehrerkooperative
Die gemeinsnützige Gesellschaft ASB Lehrerkooperative gGmbH will mit ihrer Bildungsarbeit vorurteilsfreie, sichere Freiräume für Selbstentfaltung und Chancengleichheit schaffen – für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Wie das gelingen kann, dazu Geschäftsführerin Ulrike Berger im Interview.
Frau Berger, könnten Sie die ASB Lehrerkooperative bitte kurz vorstellen?
Ja, gerne. Die ASB Lehrerkooperative gGmbH ist eine gemeinnützige Gesellschaft mit Sitz in Frankfurt am Main. Sie ist eine Tochtergesellschaft des Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) Landesverband Hessen e.V. und macht Bildungsarbeit Wir arbeiten mit ca. 759 hauptamtlichen Mitarbeitenden in der Kinder- und Jugendhilfe sowie in der Erwachsenenbildung. Wir betreiben im Rhein-Main-Gebiet Kindertagesstätten und Ganztagsschulbetreuungen, Beratungsstellen (Analphabetismus, Migration, Kinderschutz, Jugendberufshilfe), Sprach- und Frauenzentren sowie eine Schule für Erwachsene und vieles mehr. Unsere vorrangigen Arbeitsfelder sind Bildung, Erziehung und Beratung, Sozialpädagogik und Sozialarbeit. Unsere Angebote richten sich an Kinder, Jugendliche, Erwachsene sowie an Familien.
Was hat Sie motiviert, der Initiative Klischeefrei beizutreten?
Motiviert sind wir aus mehreren Gründen: So zum Beispiel durch unsere Bündnispartnerschaft „Klischeefreie Vielfalt in Kitas“, den Newsletter der „Initiative Klischeefrei“, unsere Arbeit und Unternehmenskultur.
Wir fördern eine vorurteilsbewusste und geschlechtergerechte Bildung und Erziehung von Kindern durch unsere pädagogischen Fachkräfte in unseren Kindertageseinrichtungen und durch unseren Fachdienst Kindertagespflege bei unseren Tagespflegepersonen. 2018 hatten sich alle Mitarbeitenden unserer drei Fachbereiche Kindertagesstätten, Ganztag an Schulen sowie Fachdienst Kindertagespflege in unserem Qualitätsmanagementprojekt „Qualität für Kinder“ mit der geschlechtersensiblen Thematik auseinandergesetzt und dazu einen gemeinsamen Qualitätsstandard für sich entwickelt und für ihre pädagogische Arbeit festgelegt. Um dies sichtbar zu machen, sind wir 2019 Bündnispartnerin des Aktionsbündnisses „Klischeefreie Vielfalt in Kitas“ geworden. An dem gleichnamigen bundesweiten Aktionstag haben wir mit unseren Kindern, Familien und Fachkräften eine lange Menschenkette am Mainufer in Frankfurt gebildet. Mit unseren Motto-T-Shirts "Wir sind bunt, na und!", selbst gemachten Plakaten und bunten Blütenblättern, die die Vielfalt symbolisierten, sind wir öffentlich für Vielfalt und gegen Diskriminierung eingetreten. Seit dieser Bündniszeit beziehen wir übrigens den Newsletter der „Initiative Klischeefrei“, der interessante Artikel zum Thema Geschlechtergerechtigkeit und -sensibilität zeigt, und wichtige Akteure vorstellt, die uns inspirieren können.
Einige unserer Kitas sind Sprach-Kitas, also Kindertagesstätten, die am Bundesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist" teilnehmen und dadurch einen ihrer Schwerpunkte auf alltagsintegrierte, sprachliche Bildung gelegt haben. Ein Ziel des Bundesprogramms ist es, eine inklusive und vielfältige pädagogische Praxis in Kindertageseinrichtungen zu etablieren. Unsere Sprachfachkräfte prüfen daher auch regelmäßig, ob bereits vorhandene Spielmaterialien und Bücher für die Kinder Klischees reproduzieren und steuern durch bewusste Auswahl gegen.
Als eine der ersten Kitas kauften sie den Medienkoffer „Klischeefreie Vielfalt und Diversität in Familien & Lebensweisen“ des Vereins Klische*esc e.V., der seit 2020 von allen Kitas ausgeliehen werden kann. Unsere pädagogischen Fachkräfte finden darin Materialien, um geschlechtergerechter zu arbeiten und die damit verbundenen Themen (sexuelle/geschlechtliche Vielfalt, Geschlechterstereotypen, etc.) kindgerecht anzusprechen. Das Methoden-Set „Klischeefrei fängt früh an“ nutzen unsere Teams auch für ihre Arbeit und Selbstreflexion. Eine dieses Jahr selbst konzipierte und buchbare Ausstellung „Einhorn, Bagger & Co – Geschlechtssensible Kitapädagogik“ wandert zudem von Kita zu Kita und sensibilisiert die Familien vor Ort zusätzlich über die Risiken von Stereotypen und Chancen.
Nicht zuletzt sind wir als ASB Lehrerkooperative, wie die (Rhein-Main-)Region in der wir leben, und unsere Unternehmenskultur von Vielfalt, Internationalität und Interkulturalität geprägt. Durchschnittlich 33 Nationalitäten sind bei uns vertreten. Zudem sind wir ein konfessionsungebundener Arbeitgeber, sodass Menschen vieler Religionen zusammenarbeiten. Alle Mitarbeitenden, egal welchen Geschlechts, ob männlich, weiblich oder divers, Nationalität und Religion, sind in unserem Entgelttarifvertrag gleich geregelt und werden gleich entlohnt.
Für uns ist es ein logischer Schritt, der Initiative Klischeefrei beizutreten und Teil einer Bewegung zu sein, die sich für eine Geschlechter- und Chancengerechtigkeit stark macht.
Auf welche Weise setzen Sie sich für eine geschlechtersensible Berufs- und Studienorientierung ein?
Wir setzen bei den Kindern an, die wir bilden, erziehen und betreuen, ebenso wie bei den Jugendlichen, die wir beraten, begleiten und unterrichten, und auch bei den Erwachsenen, die wir ebenfalls begleiten, unterrichten und beraten. Sie alle sollen ihr Leben nach ihren eigenen Interessen und Bedürfnissen leben, unabhängig von Zuschreibungen, Geschlechterrollen und Stereotypen. Das kann gelingen, wenn auch die Fach- und Lehrkräfte darin bestärkt werden, ihr Verhalten zu hinterfragen und sich über Geschlechtersensibilität und -gerechtigkeit weiterzubilden. Wir nutzen im Alltag verschiedene Materialien (Broschüren, Kinder-, Sprach- und Fachbücher) zu gendersensibler Pädagogik, die es uns erleichtern, ins Gespräch zu gehen und Geschlechtergerechtigkeit zu fördern. So können wir gemeinsam vorurteilsfreie, sichere Freiräume für Selbstentfaltung und Selbstbestimmung schaffen.