Lücke im Lebenserwerbseinkommen
Betrachtet man das über das gesamte Erwerbsleben angesammelte Erwerbseinkommen, verdienen Frauen im Durchschnitt 49,8 Prozent weniger als Männer.
Größe der Lücke im Lebenserwerbseinkommen abhängig von der Einkommensklasse
Die Lücke im Lebenserwerbseinkommen unterscheidet sich nach der Einkommensklasse und nimmt mit zunehmendem Einkommen ab: Am unteren Ende der Einkommensverteilung (5 Prozent der Frauen und Männer mit den niedrigsten Lebenserwerbseinkommen) ist die Entgeltlücke mit 69,1 Prozent am stärksten ausgeprägt, während sich bei den 5 Prozent der Frauen und Männer mit dem höchsten Lebenserwerbseinkommen ein Unterschied von 33,9 Prozent findet.
Einkommenslücke wird mit höherem Alter größer
Während sich das angesammelte Erwerbseinkommen von Männern und Frauen bis zum Alter von 25 Jahren nicht erheblich unterscheidet, geht die Einkommensschere für spätere Altersgruppen deutlich weiter auseinander.
Knapp drei Viertel der Lücke im Lebenserwerbseinkommen zwischen den Geschlechtern können durch Unterschiede in den „Ausstattungsmerkmalen“ von Männern und Frauen erklärt werden. Der größte Einfluss geht auf die unterschiedliche Arbeitsmarktpartizipation (Nichterwerbsjahre und Erwerbsjahre) sowie den Erwerbsumfang (Arbeitsstunden) zurück. Somit ist die asymmetrische Verteilung unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern der Haupteinflussfaktor für die Lücke im Lebenserwerbseinkommen.
Lücke im Lebenserwerbseinkommen
Das Lebenserwerbseinkommen bezeichnet das über den Lebensverlauf gesammelte Erwerbseinkommen einer Person. Die berechnete Lücke im Lebenserwerbseinkommen zwischen Männern und Frauen misst die Ungleichheit, die sich durch die unterschiedlichen Erwerbsbiografien über den gesamten Erwerbsverlauf ergibt, und zeigt den prozentualen Unterschied in den durchschnittlichen Lebenserwerbseinkommen von Frauen und Männern gemessen am Einkommen der Männer auf. Im Gegensatz zum bekannteren „Gender Pay Gap“ gibt sie keine zeitpunktbezogene Lohnlücke wieder, sondern berücksichtigt die gesamte Erwerbsbiografie, einschließlich Erwerbsunterbrechungen wie z.B. Familienzeiten und Arbeitslosigkeit.
Berufe
Zu Beginn der Erwerbsbiografie haben Frauen in einigen Berufssegmenten einen Einkommensvorteil gegenüber Männern, wie z.B. in Büro- und Verwaltungs- oder in medizinischen Berufen. Dieser Einkommensvorteil dreht sich im Verlauf der Erwerbsbiografie zuungunsten der Frauen: Bereits im Alter von 35 Jahren haben Männer in allen Berufssegmenten mehr Einkommen angesammelt als Frauen. Im Alter von 55 Jahren finden sich vergleichsweise hohe Einkommenslücken mit 49 bis 50 Prozent in Berufssegmenten wie z.B. der Gastronomie oder den Naturwissenschaften. Weniger ausgeprägte Unterschiede zwischen den Geschlechtern lassen sich mit 26 bis 36 Prozent hingegen z.B. in Lehrberufen oder der Sozialpflege beobachten. Der Frauenanteil in einem Beruf erklärt dabei nicht die jeweilige Höhe der Lücke im angesammelten Erwerbseinkommen.1, 3
Bedeutung der Erwerbsbiografie
Insbesondere die Unterschiede bei der Arbeitsmarktpartizipation und dem Erwerbsumfang tragen zur Erklärung der Lücke im Lebenserwerbseinkommen zwischen den Geschlechtern bei. Bei Frauen beruht der Biografieeffekt im Wesentlichen auf dem hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigungen und Erwerbsunterbrechungen. Diese stehen häufig in Zusammenhang mit der Familiengründung. Da auch Mütter älterer Kinder häufig weiter teilzeitbeschäftigt sind, vergrößert sich die Einkommenslücke auch noch in späteren Jahren. Die ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen Frauen und Männern äußert sich zudem in familienbedingten Erwerbsunterbrechungen der Frauen, was sich deutlich negativ auf das angesammelte Erwerbseinkommen auswirkt. Bei Männern hingegen mindern insbesondere Phasen der Arbeitslosigkeit das Lebenserwerbseinkommen.2, 3
Zukünftige Entwicklung
Bei jüngeren Geburtsjahrgängen bleibt die Lücke im Lebenserwerbseinkommen weiterhin bedeutsam, auch wenn sich die vergleichsweise höhere Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt und der höhere Erwerbsumfang von Frauen der jüngeren Geburtsjahrgänge leicht mindernd auf die Einkommenslücke auswirkt. Die Muster der Erwerbsbiografien, die zu einem geringeren Lebenserwerbseinkommen beitragen, bleiben durch die ungleiche Verteilung unbezahlter Arbeit aber auch für jüngere Geburtsjahrgänge bestehen, was insbesondere auf den hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigung zurückzuführen ist.1
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1
Boll, C.; Jahn, M.; Lagemann, A. und Puckelwald, J.: Dauerhaft ungleich – berufsspezifische Lebenserwerbseinkommen von Frauen und Männern in Deutschland. Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). HWWI Policy Paper 98. Hamburg 2016.
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2
Strauß, S. und Ebert, A.: Langfristige Konsequenzen von Erwerbsunterbrechungen auf das Lebenseinkommen – bildungsund geschlechtsspezifische Unterschiede. DRV-Schriften, Band 55/2010, S. 209 - 231. Berlin 2010.
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3
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Zweiter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung. BT-Drucksache 18/2840. Berlin 2017.
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Zitation: Servicestelle der Initiative Klischeefrei: „Lebenserwerbseinkommen", Stand 09/2020, Creative Commons Lizenz (CC BY NC ND 4.0 Deutschland).
Stand: 09/2020
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Über die Initiative Klischeefrei
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