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06.06.2023

Geschlechterklischees und ihre finanziellen Folgen

re:publica 2023: Initiative Klischeefrei sensibilisiert und klärt auf

Ist es ein Problem, wenn Männer mehr verdienen als Frauen? Ist es schlimm, wenn Frauen mehr Zeit aufwenden für Sorgearbeit als Männer? Diesen Fragen geht die Initiative Klischeefrei aktuell mit ihren Angeboten auf der re:publica vom 5. bis 7. Juni in Berlin nach.

Geschlechterklischees und ihre finanziellen Folgen
Margit von Kuhlmann (li.) und Christoph Kröger (re.) von der Servicestelle der Initiative Klischeefrei bei ihrem gut besuchten Vortrag.

Geschlechterklischees wirken unbewusst, sie sind tief in unserem Denken verankert. Klischees beeinflussen unser Handeln und wirken sich auf unser Leben aus. Und so spielen sie auch bei der unserer Berufswahl und unserem Erwerbsleben eine große Rolle. Doch Berufe sind genauso wenig wie Talente an das Geschlecht gebunden. Es gibt Frauen, die können Handwerk. Und es gibt Männer, die können Pflege. Denn nicht das Geschlecht, sondern das Interesse und die Fähigkeiten sollten maßgeblich für die Berufswahl von jungen Menschen sein. 

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Vaclav Demling (re.) und Christoph Kröger (li.) von der Servicestelle der Initiative Klischeefrei stellen die Angebote der Initiative Klischeefrei auf der re:publica vor.

Geschlechterklischees beeinflussen nicht nur die Wahl des Berufs. Sie wirken auch mit bei der Beantwortung von wichtigen Lebensfragen: Wer kümmert sich in der Familie um die Kinder und/oder pflegebedürftige Eltern? Wer arbeitet Vollzeit, wer Teilzeit? Wer macht Karriere, wer steckt zurück? Dabei geht es nicht nur um die persönliche Entfaltung, sondern ganz klar auch um „Cash in der Täsch“. Denn häufig schneiden Berufe, in denen überwiegend Frauen arbeiten, bei der Bezahlung schlechter ab als Berufe, in denen überwiegend Männer arbeiten. 

Die Folge sind viele, viele Gaps zwischen Männern und Frauen wie der Gender Pay Gap (Einkommenslücke), der Gender Care Gap (Lücke bei der unbezahlten Sorgearbeit), der Gender Lifetime Earnings Gap (Lücke beim Lebenserwerbseinkommen) und am Ende der Gender Pension Gap (Rentenlücke). 

Fakten: Leben mit Lücken

  • Der Gender Pay Gap, die Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen, beträgt laut Statistischem Bundesamt aktuell 18 Prozent (unbereinigt) bzw. 7 Prozent (bereinigt). Größte Treiber sind Auszeiten für Kinder und langjährige Teilzeitarbeit, unterschiedliche Karriereverläufe von Frauen und Männern sowie die Berufswahl. Laut DIW-Wochenbericht (10/2020) bewerten sowohl Frauen als auch Männer es als gerecht, wenn Frauen für dieselbe Arbeit ein um durchschnittlich drei Prozent geringeres Gehalt bekommen als Männer. 
  • Gender Gap Arbeitsmarkt: Frauen arbeiten fast dreimal so häufig in Teilzeit wie Männer. 66 Prozent der erwerbstätigen Mütter arbeiten in Teilzeit. 25 Prozent der Mütter gehen keiner Erwerbstätigkeit nach (Bündnis Sorgearbeit fair teilen/Statistisches Bundesamt/BMFSFJ).
  • Gender Care Gap: Frauen wenden pro Tag im Durchschnitt 52,4 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit auf als Männer.
  • Gender Lifetime Earnings Gap: Betrachtet man das über das gesamte Erwerbsleben angesammelte Erwerbseinkommen, verdienen Frauen im Durchschnitt 49,8 Prozent weniger als Männer (Klischeefrei-Faktenblatt Lebenserwerbseinkommen). 
  • Gender Pension Gap: 2021 bewegte sich die Rentenlücke zwischen Frauen und Männern zwischen 29,9 Prozent (mit Hinterbliebendenrente) und 42,6 Prozent (ohne Hinterbliebenenrente, Statistisches Bundesamt).

Was tun?

Um mehr Chancengleichheit für Männer und Frauen zu erwirken, muss gesamtgesellschaftlich gehandelt werden. Eine klischeefreie Berufswahl für junge Menschen kann dazu beitragen, dass Kinder schon früh erfahren, dass Berufe kein Geschlecht haben, dass sie alles werden können. Die Sorgeverantwortung sollte geteilt werden. Gesellschaft und Politik sind gefordert, hierfür entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Frauen mehr Möglichkeiten haben, am Erwerbsleben teilzunehmen, ihre beruflichen Ziele zu verfolgen – und am Ende auch über mehr Einkommen zu verfügen.

Doch nicht nur eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern auch der Abbau von Sexismus in Berufen, in denen überwiegend Männer arbeiten (wie im Bereich IT oder im Handwerk), trägt dazu bei, Frauen, die diese Berufe gewählt haben und gerne machen, auch zu halten. Gleichzeitig müssen auch junge Männer bestärkt und gefördert werden, die neue Wege gehen möchten: als Grundschullehrer, Erzieher in der Kita oder Pflegekraft. Berufe, in denen überwiegend mehr Frauen arbeiten, müssen auch monetär aufgewertet werden.

Was macht die Initiative Klischeefrei?

Die Initiative Klischeefrei mit ihren über 500 Partnerorganisationen sensibilisiert für die Wirkung von Geschlechterklischees und die Berufswahl. Sie klärt auf über die komplexen Zusammenhänge und gesellschaftspolitischen wie wirtschaftlichen Folgen. Sie informiert und qualifiziert Interessierte mit diversen Klischeefrei-Angeboten wie Methodensets für Kita, Grundschule und Schule, Online-Seminaren sowie E-Learning-Kurse für Berufsberatende. In ihrer Infothek macht sie Informationen rund um klischeefreie Berufswahl gebündelt zugänglich für alle.

Lightning Talk auf der re:publica

Die Initiative Klischeefrei nahm im Rahmen der Aktivitäten des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) an der re:publica 2023 Teil. In einem Lightning Talk mit dem Titel „Cash in der Täsch. Geschlechterklischees, Berufswahl und die finanziellen Folgen“ stellte sie den Zusammenhang zwischen Berufswahl, Geschlecht und Geld her und fragte: Wer legt eigentlich fest, welcher Beruf für wen geeignet ist? 

Den kompletten Lightning Talk gibt es auf YouTube.

Angebote der Initiative Klischeefrei

Blick auf einen Ausschnitt des Klischeefrei-Faktenblatts zum Thema Frauen und Männer am Arbeitsmarkt

Faktenblätter

Was sagen Statistiken zu geschlechtsspezifischen Unterschieden in Ausbildung, Studium oder auf dem Arbeitsmarkt? Wir haben relevante Daten für Sie aufbereitet. Sie zeigen, wie wichtig klischeefreie Berufs- und Studienwahl ist.

zu den Faktenblättern

Klischeefrei-Methodenset für Lehrkräfte: Klischeefrei mach Schule!

Methodensets

Unsere Methodensets bieten eine Fülle von Anregungen und Material für pädagogische Fachkräfte in Kita und Schule. Die Methoden beeinhalten vor allem Angebote für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, bieten aber auch Ansätze für die Elternarbeit.

zum den Methodensets

E-Learning-Kurs „Klischeefrei zu Berufen beraten“

E-Learning-Kurs „Klischeefrei zu Berufen beraten“

Das Methodenset „Klischeefrei zu Berufen beraten“ ist ein E-Learning-Kurs speziell für Fachkräfte in der Berufsberatung. In sieben Lern-Modulen stehen Ihnen praxisbezogene Methoden für die Beratungsarbeit mit Jugendlichen und jungen Menschen in der Berufsorientierung zur Auswahl. 

zum E-Learning-Kurs „Klischeefrei zu Berufen beraten“

Machen auch Sie mit!

Die Partnerorganisationen der Initiative Klischeefrei machen sich für eine Berufs- und Studienorientierung stark, die die Talente und Interessen der Jugendlichen im Blick habt, und sie darüber informiert, welche Berufe Zukunft haben, welche Karrierechancen und Verdienstmöglichkeiten es für sie gibt und wie es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bestellt ist.

Klischeefreie Berufs- und Studienwahl ist ein Gewinn für alle. Möchten auch Sie Teil der Initiative Klischeefrei werden? Alle Unternehmen, Betriebe und Institutionen, die sich in der Berufsorientierung engagieren, sind eingeladen, sich der Initiative Klischeefrei anzuschließen.

Alle Informationen zum Mitmachen.
Wer ist schon dabei? Hier finden Sie die Übersicht aller Partnerorganisationen

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