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Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen verläuft im Schneckentempo

IAB-Kurzbericht zu Frauen in leitenden Positionen

2016 hat die Politik das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen" eingeführt. Was hat sich seitdem getan? Nichts, so die ernüchternde Feststellung des aktuelles IAB-Berichts. Mögliche Gründe: unter anderem fehlende Verbindlichkeiten und strukturelle Barrieren, bei denen Geschlechterklischees keine unwesentliche Rolle spielen.

Schnecke, die an einer weißen Wand hochkriecht

Egal ob in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Sektor: Frauen sind unter Führungskräften seltener vertreten als es ihrem Anteil an den Beschäftigten entsprechen würde. An der Spitze sind Männer daher weitestgehend unter sich: Sie nehmen drei Viertel der Spitzenpositionen in der Privatwirtschaft ein. Bei der zweiten Führungsebene gibt es zwar seit 2004 einen Anstieg, dieser ist jedoch sehr geringfügig und stagnierte zuletzt.

Mehr Teilhabe von Frauen im Osten

Interessant ist bei der Studie der Vergleich von Ost und West: In Ostdeutschland ist der Frauenanteil an den Führungskräften höher als in Westdeutschland und auf der zweiten Führungsebene sind die Frauen ihrem Beschäftigtenanteil entsprechend repräsentiert. Hier haben sie inzwischen mit den Männern gleichgezogen.

Öffentlicher Sektor: Kein gutes Vorbild

Der öffentliche Sektor schneidet leider nicht besser ab als die Privatwirtschaft – im Gegenteil: Im Gegensatz zum Privatsektor ist der Anteil der Frauen auf der ersten Ebene 2018 zwar etwas gestiegen, dafür gibt es einen Rückgang des Frauenanteils auf der zweiten Ebene.

Was sind die Gründe?

Die Autorinnen der Studie vermuten, dass strukturelle Barrieren Toppositionen für Frauen verhindern wie beispielsweise fehlende Transparenz und Standardisierung der Auswahlverfahren bei der Besetzung von Führungsposten. Auch fehlende Lösungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf führen dazu, dass Frauen ihre Karrierewünsche hinter die Interessen der Familie stellen.

Zudem entscheiden sich Frauen häufig für Berufe, die mit geringeren Aufstiegschancen verbunden sind. Dies sind in der Regel Berufe und Branchen, in denen ein hoher Frauenanteil herrscht (wie zum Beispiel Pflege, Erziehung) und die gesellschaftlich weniger Anerkennung erfahren als Berufe und Branchen mit einem hohen Männeranteil (Technik, Naturwissenschaften).

Ursache für die strukturellen Barrieren und die unterschiedliche Bewertung von Tätigkeiten sind nicht zuletzt hartnäckige Geschlechtsstereotype, die schon sehr früh die Bewertung von Tätigkeiten und schließlich die Berufswahl beeinflussen. Zudem unterstellen Klischees Frauen bestimmte Verhaltensweisen wie geringeren beruflicher Ehrgeiz und wirken daher stark hemmend.

Was muss getan werden?

Trotz des Gesetzes für gleichberechtige Teilhabe von Frauen in Führungspositionen ist aktuell keine Verbesserung der Entwicklung in Sicht. Dies ist verheerend, denn eine moderne und demokratische Gesellschaft lebt von der Vielfalt. Wir brauchen mehr Frauen gerade an Positionen, in denen grundlegende Entscheidungen über die Entwicklung unserer Gesellschaft gefällt werden. Nötig sind verbindliche gesetzliche Vorgaben, die es laut IAB-Bericht aber bisher nur für Betriebsratsgremien gibt; für Spitzenpositionen im Management wird immer noch auf Freiwilligkeit gesetzt.

Die Initiative Klischeefrei macht sich mit ihren vielfältigen Partnerorganisationen stark für Bedingungen, die es Frauen wie Männern ermöglichen, bereits bei der Berufs- und Studienwahl Entscheidungen zu treffen, die ihnen in allen Lebensphasen und Lebensbereichen eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen.

Quelle: IAB-Kurzbericht 23|2019 „Frauen in leitenden Positionen: Leider nichts Neues auf den Führungsetagen" (von Susanne Kohaut und Iris Möller)