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5. Fachtagung – das war der Nachmittag

Der Nachmittag der 5. Fachtagung bot den Teilnehmenden ein buntes Programm aus Vorträgen, Workshops, Sofa-Talks, Botschaften-Infoständen und einem „Markt der Lösungen“, auf dem Partnerorganisationen der Initiative Klischeefrei sich und ihre Projekte vorstellten.

Vorträge

Alexandrina Satnoianu: „Tackling gender stereotypes für a green and gender-equal Europe.“

Alexandrina Satnoianu (EIGE, European Institute for Gender Equality)
Alexandrina Satnoianu (EIGE, European Institute for Gender Equality)

Alexandrina Satnoianu vom European Institute für Gender Equality (EIGE) startete die Vortragsserie mit ihrem auf Englisch gehaltenen Talk „Tackling gender stereotypes for a green and gender-equal Europe.“ Sie legte den Fokus unter anderem auf die Bedeutung der Gleichstellung für den erfolgreichen Übergang hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft in Europa. Geschlechterstereotype seien die Wurzel aller Ungleichheiten, erläuterte Satnoianu. Für andere Ziele wie gleiche Karrierechancen oder mehr Frauen in Führungspositionen müssten die Klischees zunächst aufgebrochen werden. Alle Menschen komme eine aktive Rolle zu, wenn es darum geht, Geschlechterstereotype zu überwinden.  

Hier geht es zur Präsentation (Englisch).

Alexandrina Satnoianus Vortrag im Livemitschnitt

Markus Theunert: „Retraditionalisierung von Geschlechterklischees“

Theunert
Markus Theunert, Gesamtleiter männer.ch, Fachexperte für geschlechterreflektierte Jungen-, Männer- und Väterarbeit

Markus Theunert von der NGO maenner.ch sprach zum Thema „Retraditionalisierung von Geschlechterklischees“ und versuchte eine Einordnung. Gibt es eine Retraditionalisierung? Diese Frage sei kaum in einem Satz zu beantworten, wie Theunert darlegte. „Wir erleben eine widersprüchliche Gleichzeitigkeit von Persistenz und Wandel“, zitierte Theunert eine Wissenschaftlerin. Das heißt beispielsweise, es gebe gleichzeitig den Wunsch nach Auflösung des traditionellen Patriarchats und das Bestreben, die traditionellen Gesellschaftsstrukturen zu erhalten. Gerade junge Männer seien Studien zufolge empfänglich für traditionelle Vorstellungen von Männlichkeit. Junge Frauen dagegen engagierten sich nicht nur für Gleichstellung, sondern auch für Klimaschutz und anderes, und das weltweit. „Die jungen Frauen machen nicht mehr mit.“ Theunert erklärt auch die zugrunde liegenden Weltbilder des Essentialismus (Unterschiede sind natürlich oder Gott gegeben) und des Konstruktivismus (Unterschiede werden von gesellschaftlichen Prozessen wie zum Beispiel der Industrialisierung geschaffen und verändern sich in der historischen Perspektive). 

 Den kompletten Vortrag finden Sie hier. 

Markus Theunert im Livemitschnitt

Prof. Dr. Katharina Wrohlich: „Gender Pay Gap im europäischen Vergleich“

Wrohlich
Prof. Dr. Katharina Wrohlich, DIW Berlin und Universität Potsdam

Prof. Dr. Katharina Wrohlich vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin betrachtete den „Gender Pay Gap im europäischen Vergleich“. In Deutschland öffnet sich die Einkommensschere zwischen den Geschlechtern deutlich mit der Geburt des ersten Kindes. Im europäischen Vergleich hat Deutschland mit 18 Prozent einen recht hohen Gender Pay Gap, wohingegen der Gap in Italien oder Rumänien deutlich geringer ist. Wie kann das sein? Prof. Wrohlich zeigt auf, dass der Gender Pay Gap und die Erwerbslücke sehr gut korrespondieren. Betrachtet man zusätzlich die Frauenerwerbsquote, wird klar, dass Deutschland eher nach isländischen Verhältnissen als nach italienischen streben sollte – eine hohe Erwerbsquote geht dort einher mit einem höheren Erwerbsumfang und einem geringen Pay Gap.

Den ganzen Vortrag können Sie hier herunterladen.

Prof. Dr. Wrohlichs Vortrag im Livemitschnitt

Internationale Botschaften | Markt der Lösungen

Markt 18
Infostand der Schwedischen Botschaft zusammen mit der AllBright Stiftung
Markt 17
Der Infostand der Französischen Botschaft
Markt 16
Auch südamerikanische Länder waren mit ihren Vertretungen vor Ort: Kolumbien ...
Markt 15
... und Mexiko
Markt 14
Der Stand der Spanischen Botschaft
Markt 13
Gut besucht war auch der Stand der Initiative Klischeefrei
Fotobox
Sorgte für Lacher: Die Fotobox
Markt 1
Gute Stimmung auch auf dem Markt der Lösungen
Markt 2
Die Angebote kamen sehr gut an
Markt 3
Gespräche waren meist herzlich und offen
Markt 4
Ingenieurin: ein passender Beruf für Frauen
Markt 6
Technisch-naturwissenschaftliche Berufsorientierung
Markt 7
Beratung und Wissenstransfer gleichermaßen
Markt 8
Gelacht wurde auch bei MINTec
Markt 9
MINT-Angebote gab es mehrere auf dem Markt der Lösungen
Markt 10
Beratungsangebote für Unternehmen präsentierten sich ebenfalls
Markt 11
Gute Nachfrage am Stand der Diversity Factory
Markt 12
Zwei Partnerorganisationen: Der DGB und das Handwerkerinnenhaus Köln (im Hintergrund)

Workshops

Studium und Berufstätigkeit von Männern in SAGE-Bereichen – Diversität in der Migrationsgesellschaft Prof. Dr. Michael Tunç (KHSB Berlin)


Der Workshop ging der Frage nach, inwiefern stereotype (Rollen-)Bilder mitverantwortlich für die geringe Anzahl an migrantischen Männern in SAGE-Berufen sind und welche Möglichkeiten es gibt, junge Männer mit Migrationshintergrund/BIPoC für SAGE-Berufe zu gewinnen. Dabei wurden zahlreiche Ideen und Gute-Praxis-Beispiele diskutiert, angefangen über Elternansprache, das Aufzeigen von Karrierewegen, den Einsatz von Role Models, den Weg über das Ehrenamt und vieles weitere mehr.

Wie kann Vielfalt ins Amt gebracht werden? Dr. Annett Gräfe-Geusch (DeZIM-Institut)

In diesem Workshop erarbeiteten die Teilnehmenden Ideen und Ansätze, wie Vielfalt in ihrer eigenen Organisation umgesetzt werden könnte und was es braucht, um hierbei erfolgreich zu sein. Zunächst führte die Referentin anhand von Studienergebnissen aus der Organisationsforschung in die Thematik ein. Sie präsentierte das 3V Model des DeZIM, das wesentliche Handlungsfelder innerhalb von Organisationen für mehr Diversität beschreibt. Die Zahlen aus der Forschung belegen: Die Bundesverwaltung wird bei diskriminierungssensiblen Gruppen bereits als attraktive Arbeitgeberin gesehen, es werden aber im Verhältnis wenige Menschen aus diesen Gruppen zu Bewerbungsgesprächen eingeladen. Frauen liegen in fast allen Gruppen hinter den Männern. Das Potenzial dieser Gruppen wird also noch nicht gut ausgeschöpft.  

Kampf gegen Geschlechtergerechtigkeit: Der Einfluss von Anti-Feminismus in Bildung, Berufs- und Studienorientierung Sheena Anderson, Damjan Denkovski (CFFP)

Sheena Anderson spricht zu den Workshop-Teilnehmenden, im Hintergrund eine Projektion ihrer Präsentation.
Sheena Anderson, Centre for Feminist Foreign Policy (CFFP)

Präsentation zu Workshop III herunterladen (PDF, 4.5 MB)

Der Workshop gab einen guten Überblick über die Anti-Gender-Bewegung in Deutschland. Die Referierenden erläuterten Themen und Narrative, die von Antifeministen und Antifeministinnen aufgegriffen werden, gab Einblicke in Struktur und Finanzierung und stellte Ansätze dar, die Demokratie und Vielfalt stärken. Hier hoben Sheena Anderson und Damjan Denkovski insbesondere Schulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen und Bildungsmaterialen hervor. Es müssten zivile Räume durch öffentliche Förderung geschützt werden. Zum Beispiel würden antidemokratische Themen bewusst in Sportvereine und Fan-Szenen hineingetragen, um schon Kinder zu erreichen. Sheena Anderson präzisierte: „Rechte Akteur*innen haben immer antifeministische Einstellungen, aber Antifeministen sind nicht immer rechtsradikal“. Es brauche deshalb Konsequenzen für Antifeministen. 

Mit Vielfalt in Führung – Wie man eine klischeefreie Zusammenarbeit etabliert Sümeyye Algan (AllBright Stiftung)

Der Workshop gab einen allgemeinen Überblick über die Geschlechterverhältnisse in den Führungsetagen deutscher Unternehmen und im internationalen Vergleich. Algan erläuterte, wie bestimmte Privilegien Einfluss auf die Karriere nehmen, zum Beispiel ein wohlhabendes Elternhaus, eine gute Förderung in der Kindheit, ein einflussreiches Netzwerk und, nicht zuletzt, das Geschlecht. Weiße heterosexuelle Männer aus gutem Elternhaus haben bessere Chancen auf hohe Führungspositionen als Angehörige anderer Gruppen. Dabei sind gemischte Führungsteams meist erfolgreicher. Im zweiten Teil des Workshops ging die Referentin darauf ein, was Unternehmen und Führungskräfte, Männer und Frauen tun können, um Vielfalt zu fördern und mehr Frauen Perspektiven in Führungspositionen eröffnen.

Sofa-Talks

Sofa 1
Bastian Brunotte (Moderation), Kristin Augsburg und Peter Kettner, Auswärtiges Amt
Sofa 2
Bastian Brunotte und Unternehmensberaterin Lilian Gehrke-Vetterkind
Sofa 4
Hier stehend vor dem Sofa: Yasemin Akkoyun von der Deutschlandstiftung
Sofa 5
Anne Diedrich von der Hackerschool im Gespräch mit Moderator Bastian Brunotte
Sofa 6
Spontane Gästin zum Schluss: eine Vertreterin der kolumbianischen Botschaft

Ansprache: Dr. Johanna Börsch-Supan, Bundesministerium für Bildung und Forschung

Dr. Johanna Börsch-Supan
Dr. Johann Börsch-Supan im Videogrußwort

Im Plenum hörten die Teilnehmenden eine Ansprache von Dr. Johanna Börsch-Supan, Abteilungsleiterin Allgemeine und berufliche Bildung, Lebensbegleitendes Lernen im Bundesministerium für Bildung und Forschung. Dr. Börsch-Supan betonte, die Initiative Klischeefrei sei kein Selbstzweck, um Überzeugte zu versammeln. Sie müsse im Gegenteil Klischeefreiheit dorthin tragen, wo sie bisher fehle. Das Bundesbildungsministerium verankere deshalb ausdrücklich Klischeefreiheit als Querschnittsthema in seinen Förderprogrammen. Als Beispiele nannte Dr. Börsch-Supan das Berufsorientierungsprogramm (BOP), das sich an Schülerinnen und Schüler richtet, und das Berufsorientierungsprogramm für Geflüchtete BOF Plus. „Ein erfülltes Berufsleben ist ein Geschenk”, so Dr. Börsch-Supan. Sie forderte dazu auf, dies vielen zu ermöglichen. 

Zum Vortrag von Dr. Börsch-Supan in der Videodokumenation

Abschlusskeynote

Prof. Dr. Lorenz Narku Laing auf der Bühne während seiner Keynote, im Hintergrund eine Rückwand mit dem Tagungslogo, im Vordergrund Köpfe von Zuhörenden.
Hatte den Weltsaal im Griff: Prof. Dr. Lorenz Narku Laing

Zum Abschluss sprach Prof. Dr. Lorenz Narku Laing (Vielfaltsprojekte GmbH) über „Diskriminierungsfreiheit als Erfolgsrezept – Die diskriminierungsfreie Arbeitswelt von morgen gestalten“. Er griff in seiner Keynote Erlebtes vom Tag auf und forderte die Teilnehmenden auf, ihre eigenen Vorurteile zu reflektieren sowie die verschiedenen Ebenen von Diskriminierung wahrzunehmen: So spräche der auf der Fachtagung öfter genannte Gender Pay Gap vor allem über Weiße. Schwarze Männer verdienten jedoch im Schnitt weniger als weiße Frauen. Gebildete schwarze Männer mit deutschem Pass – wie er selbst einer sei – seien in weitaus höherem Maße privilegiert als schwarze und migrantische Frauen. Letztere seien überproportional häufig sexueller Gewalt ausgesetzt, arbeiteten in feminisierten Berufen mit wenig Arbeitsschutz und in Niedriglohnberufen ohne Tarifbindung. Die Probleme seien also sehr vielschichtig und dies müsse in der Diskussion um Diskriminierungsfreiheit berücksichtigt werden.  

Für mehr Integration sei es wichtig, anders mit Eingewanderten und Geflüchteten umzugehen. Maßnahmen wie die zentrale Unterbringung von Geflüchteten und Arbeitsverbote trügen dazu bei, die Integration dieser Menschen zu verhindern. „Diversität wird nur gelingen, wenn wir nicht nur anfangen, Dinge zu tun, sondern wenn unsere Gesellschaft anfängt, Dinge zu lassen: Wenn wir Klischees, Regelungen und Grenzen einfach weglassen und Dinge neu denken“, so Prof. Laing. 

Darüber hinaus sei Diversität keine moralische Notwendigkeit, sondern ein Recht, das sich aus Artikel 3 des Grundgesetzes ergebe. Gleichberechtigung könne sich jedoch für die bisher privilegierten Gruppen wie Diskriminierung anfühlen. Dieses Gefühl gelte es ernst zu nehmen, um Vielfalt wirklich zum Erfolg zu führen. Außerdem brauche es in der Debatte mehr Leichtigkeit, forderte Prof. Laing: „Haben Sie Spaß an Diversität!“. 

Abschied und Dank

Frauke Kordtomeikel, Anne Chebu und Miguel Diaz sprechen die Abschlussworte auf der Bühne.
Frauke Kordtomeikel, Anne Chebu und Miguel Diaz (v.l.n.r.)

Miguel Diaz und Frauke Kordtomeikel von der Servicestelle der Initiative Klischeefrei schlossen die Fachtagung mit einem Dank an alle Referentinnen und Referenten, Ausstellerinnen und Aussteller und vor allem an alle Teilnehmenden im Plenum. Moderiert wurde die Tagung von Anne Chebu