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12.05.2023

„Männer können diesen Beruf auch machen“

Tarik Ahmad, Pflegehelfer bei einem ambulanten Pflegedienst

Tarik Ahmad hat schon einiges erlebt. Der 37-jährige Familienvater kam 2016 aus Syrien nach Deutschland. In seiner Heimat hatte er zwei Berufe: er arbeitete als Elektroniker und als Krankenpflegehelfer. In der Pflege hat er in Deutschland nun seine Berufung gefunden.

„Männer können diesen Beruf auch machen“

Der Kontakt zu den Patientinnen und Patienten, anderen helfen zu können und der Spaß im Team – das sind Dinge, die Tarik Ahmad an seinem Beruf als Krankenpflegehelfer bei einem mobilen Pflegedienst am meisten liebt. Schon in Syrien, seiner Heimat, arbeitete Tarik vormittags im Krankenhaus. Nachmittags war er im Antennenbau und als Elektroniker tätig. Beide Jobs brauchte er, um sich und seine Familie über Wasser zu halten. Ursprünglich wollte Tarik Arzt werden, doch das klappte nicht.

Als die Familie Ahmed im Bürgerkrieg nach Deutschland floh, stellte Tarik jedoch fest, dass seine Ausbildung als Elektroniker hier nicht anerkannt wurde. Für die Arbeit im Krankenhaus hatte er gar keine Ausbildung. „In Deutschland braucht man immer Papiere“, so der Vater von zwei Kindern. Überhaupt war zunächst die Sprache sein größtes Hindernis. Tarik lernte deshalb erst einmal Deutsch.

Im Rahmen seiner Sprachkurse erhielt Tarik Ahmed schließlich das Angebot, sich mit einer einjährigen Weiterbildung zum Krankenpflegehelfer zu qualifizieren. Darin sah er für sich eine gute Möglichkeit, beruflich in Deutschland Fuß zu fassen, in einem Bereich, der ihn schon immer interessiert hatte: Er brachte bereits Berufserfahrung aus dem Krankenhaus mit und wusste, worauf er sich einließ. Nach Abschluss der Fortbildung stieg er bei einem mobilen Pflegedienst in Bremen ein. Dort betreut er heute rund 20 Patientinnen und Patienten und arbeitet im Schichtdienst, früh und spät.

„An meiner Arbeit gefällt mir am besten, dass ich anderen helfen kann“, sagt Tarik, und die Freude daran wird auch im telefonisch geführten Interview deutlich. „Mir gefällt der Kontakt zu den älteren Menschen, dass ich die Leute zufrieden machen kann.“ Auch die Arbeit im Team erfüllt ihn. „Es macht Spaß im Team mit den Kolleginnen und Kollegen“, sagt er und lächelt hörbar.

In der Frühschicht liegt der Schwerpunkt mehr auf pflegerischen Tätigkeiten wie Wunden versorgen oder duschen. Jeder Patient, jede Patientin ist anders, kein Tag ist wieder andere. In der Spätschicht steht mehr die allgemeine Versorgung im Mittelpunkt.

Auch in Syrien üben mehrheitlich Frauen Pflegeberufe aus, ebenso Berufe in der Hauswirtschaft. Lehrkräfte sind ebenfalls häufig Frauen. „Beruf ist Beruf“, sagt Tarik dazu, „Man muss immer ein Ziel haben, damit man etwas erreichen kann.“ Das Geschlecht sei dafür egal.

Er selbst hat keine negativen Erfahrungen als Mann in der Pflege gemacht, weder in Syrien noch in Deutschland. Im Gegenheil: „Die Patientinnen und Patienten freuen sich, wenn ein Mann kommt.“ In der Weiterbildung war er dennoch nur einer von drei Männern in einer Gruppe von 16 Teilnehmenden.

Eines der größten Hindernisse beim Berufseinstieg war für Tarik neben der Sprache die Frage, wie man hier überhaupt Pfleger oder Pflegerin werden kann. Er fand es schwierig, den Weg in den Beruf zu finden. Auch die Prüfung selbst war schwer für ihn, vor allem wieder wegen der Sprache. „Man muss den Willen haben“, sagt Tarik. „Ich will das machen, wo kann man das lernen? Dann geht es auch.“

Für junge oder auch berufserfahrene Menschen bieten sich gute Chancen, um in einen Pflegeberuf einzusteigen: Pflegekräfte werden überall gesucht, ein Umzug ist in der Regel nicht notwendig, da es vor Ort Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen oder mobile Pflegedienste gibt.

„In der Pflege arbeitet man mit Menschen, nicht mit Sachen oder Maschinen. Man sollte mit Gefühl und Herz arbeiten“, weist Tarik auf wichtige Eigenschaften hin, die für den Beruf wichtig sind. Speziell in der mobilen Pflege sind die Pflegekräfte immer unterwegs, es wird auch mal stressig. „Man muss pünktlich sein und auf die Zeit achten. Manchmal muss man auch flexibel und schnell sein“, ergänzt er. Auf den Touren sind die Pflegerinnen und Pfleger alleine, nur, wenn sie Praktikanten oder Azubis anlernen, sind sie zu zweit. Dennoch ist Teamfähigkeit ganz wichtig für den Beruf, ebenso wie die Fähigkeit, auf andere zuzugehen und mit ihnen zu sprechen. Dies gilt sowohl für die Patientinnen und Patienten als auch für das eigene Team, damit zum Beispiel Übergaben gut laufen. Fragen stellen ist für Tarik deshalb eine wichtige Eigenschaft, die Interessierte mitbringen sollten, ebenso wie Freundlichkeit.

Angst vor schwierigen Situationen sollte man nicht haben, denn in der mobilen Pflege „erlebt man alles“, so Tarik. In Notfällen geben die Pflegekräfte erst ihrer Zentrale Bescheid, bevor Sie beispielsweise den Rettungsdienst rufen.

Wer sich für einen Beruf in der Pflege interessiert, sollte vorher ein oder zwei Wochen Praktikum machen, rät Tarik. „Dann merkt man, ob es passt. Man muss den Willen dazu haben“, betont er noch einmal. Als Krankenpflegehelfer sind die Verdienstmöglichkeiten zwar nicht so gut, „man kann aber leben“, sagt Tarik. Er selbst will vielleicht eines Tages die Ausbildung zum Pflegefachmann absolvieren. Jetzt ist er erstmal in seinem Beruf und in Deutschland angekommen.

Pflegeberufe

Gesundheits- und Krankenpflegehelfer/-in
Gesundheits- und Krankenpflegehelferinnen und -helfer übernehmen eine Vielzahl von Tätigkeiten, die von der Körperpflege über Temperatur- und Blutdruckmessung bis zur Pflegedokumentation reichen. Mehr über Gesundheits- und Krankenpflegehelfer/-innen 

Pflegefachmann/-frau
Pflegefachleute pflegen und betreuen Menschen aller Altersstufen in den Bereichen Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege. Das Berufsbild ist vielfältig und eröffnet eine Reihe von Spezialisierungen und Aufstiegsmöglichkeiten. Weitere Informationen über den Beruf Pflegefachmann/-frau 

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