Voraussetzungen: Qualifikation des Bildungspersonals und technische Ausstattung
Eine gute Ausbildung für die digitalisierte Wirtschaft („Wirtschaft 4.0“) setzt voraus, dass das Bildungspersonal selbst entsprechend qualifiziert ist. Laut einer Erhebung des vom Bundesbildungsministerium finanzierten Netzwerks Q 4.0, einer Qualifizierungsinitiative für Ausbilderinnen und Ausbilder, haben erst 30 Prozent der ausbildenden Unternehmen das Niveau der „Ausbildung 4.0“ erreicht. 47 Prozent der Betriebe stehen bereits ganz gut da, 23 Prozent der Unternehmen gelten jedoch als „digitale Nachzügler“, hier ist der Qualifikationsbedarf am höchsten.2 Im Netzwerk 4.0 erarbeitet das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) gemeinsam mit den Bildungswerken der Wirtschaft Qualifizierungsangebote für das Ausbildungspersonal.
Ebenfalls auf die Weiterbildung der Ausbilderinnen und Ausbilder setzt das vom Bundesbildungsministerium finanzierte und vom Bundesinstitut für Berufsbildung umgesetzte Projekt MIKA (Medien- und IT-Kompetenz für Ausbildungspersonal). Es unterstützt das Ausbildungspersonal dabei, digitale Medien in der betrieblichen Ausbildung regelmäßig einzusetzen. Die dafür notwendigen Kompetenzen werden im Rahmen des Projekts in Seminaren und seit Mai 2022 auch auf dem digitalen „MIKA-Campus“ vermittelt.3
Ausbilderinnen und Ausbilder nutzen besonders gerne interaktive Lehrmittel wie Online-Seminare oder virtuelle Klassenzimmer (63 Prozent), Lernvideos und Podcasts (57 Prozent) oder Wissensbibliotheken (55 Prozent). Dies ergab eine repräsentative Befragung innerhalb der IW-Personalpanels im Sommer 2021.3 Unternehmen, die digitalen Medien besonders aufgeschlossen gegenüberstehen, erkennen in ihrer Nutzung eher Vorteile für Auszubildende und Ausbildungspersonal als die, die digitalen Medien tendenziell skeptisch gegenüberstehen. So sei die Motivation der Auszubildenden höher, wenn sie mit digitalen Medien arbeiten könnten, sie erleichterten bestimmten Auszubildenden den Einstieg ins Arbeitsleben und entlasteten das Ausbildungspersonal.4
Viele Ausbilderinnen und Ausbilder und vor allem Berufsschullehrkräfte empfinden den Einsatz digitaler Lehrmittel jedoch nicht als entlastend. Sie äußern in der Befragung im Rahmen des Netzwerks Q 4.0 einen höheren Zeitbedarf und dadurch Arbeitsverdichtung – was sowohl ein Hinweis auf ausbaufähige Kompetenzen im Umgang mit diesen Medien, auf fehlende Lehrpläne oder Konzepte als auch auf mangelnde zeitliche Ressourcen im herausfordernden Arbeitsalltag von Lehrkräften sein könnte.6 Den höchsten Weiterbildungsbedarf sieht das Ausbildungspersonal in der Vermittlung digitaler fachspezifischer Inhalte. Lehrkräfte dagegen fordern mehr Unterstützung auf der didaktischen Seite für den Einsatz digitaler Lernmedien im Unterricht.7 Ungeachtet dessen nutzen Berufsschullehrkräfte digitale Medien schon häufig im Unterricht. In einer Studie aus dem Jahr 2018 gaben 55 Prozent der Lehrkräfte in gewerblich-technischen Fächern an, digitale Medien regelmäßig zu verwenden. Nur 13 Prozent setzten selten oder nie Computer & Co. ein.8
Das für Berufsschulen drängendere Problem ist jedoch ihre technische Ausstattung.9 Die Corona-Pandemie hat der Digitalisierung der Schulen zwar Vorschub geleistet, doch ein WLAN-Anschluss ist noch immer keine Selbstverständlichkeit in allen Klassenräumen. Notebooks oder Smartboards sind durchaus vorhanden, doch erschwert das fehlende WLAN den Einsatz zum Beispiel webbasierter Anwendungen oder unterschiedlicher Endgeräte mit einzelnen Arbeitsergebnissen, die auf einen Bildschirm projiziert werden. So können didaktische Konzepte für den Einsatz digitaler Lehrmittel häufig nur unzureichend umgesetzt werden. Hier besteht offensichtlicher Handlungsbedarf, denn Schulen müssen mit den Ausbildungsbetrieben technisch auf gleicher Höhe sein, um gleichermaßen Kompetenzen vermitteln zu können.10
Digitale Kompetenzen in Schule und Ausbildung: Neue Inhalte – veränderte Rolle
In der „Ausbildung 4.0“ geht die Vermittlung digitaler Kompetenzen Hand in Hand mit der der fachlichen Kompetenzen. Zu den digitalen Kompetenzen gehört der Umgang mit berufsspezifischer Software ebenso wie die Entwicklung eines Verständnisses für Datenschutz und Datensicherheit, Problemlösungskompetenz und ein Prozess- und Systemverständnis. Letzteres befähigt die Auszubildenden, die Zusammenhänge und Auswirkungen einzelner Tätigkeiten, aber auch digital gesteuerter Prozesse im Gesamtgefüge des Unternehmens zu verstehen.11 Auch Selbst- und Sozialkompetenz werden immer wichtiger, denn die Arbeit in Projektteams oder abteilungs-, niederlassungs- oder gar Kontinente übergreifend nimmt zu.12 Ausbilderinnen und Ausbilder haben eine veränderte Rolle: sie werden zunehmend zu Begleiterinnen und Begleitern, unterstützen selbstgesteuertes Lernen im Rahmen von Projekten, coachen mehr als dass sie von oben herab bestimmen.
Betrieb und Berufsschule ergänzen sich bei der Kompetenzvermittlung: Während die Unternehmen schwerpunktmäßig praktische Kompetenzen vermitteln, zum Beispiel die Anwendung spezifischer Software, geht es in der Berufsschule vielmehr um Methodenkompetenzen wie beispielsweise Recherchen oder Bewertung von Informationen.13